Vor einigen Tagen entbrannte eine vehement geführte Debatte
auf einer der Mailinglisten der Piraten über den Nutzen und die Bewertung der sogenannten Tafeln zur “Armenspeisung”, die in den letzten Jahren zunehmend kontrovers diskutiert wurden. Diese versorgen bedürftige Menschen – im Umkreis der Einrichtungen euphemistisch ‘Kunden’ genannt – mit gespendeten Nahrungsmitteln.
Was ist dran an dem Phänomen “Tafel”? Handelt es sich um respektable, ehrenamtliche Initiativen, oder verwalten diese Unternehmen nur die wachsende Armut in unserem Land und machen damit zweifelhafte Geschäfte?
Die ursprüngliche Idee zur Gründung solcher Initiativen stammt aus Amerika. In den USA gründete John van Hengel 1963 die erste sogenannte Food Bank, ein großes Lagerhaus für längerfristig haltbare Lebensmittelspenden. Dort entstand 1983 auch eine erste wohltätige Organisation. Mittlerweile existieren in Deutschland über 900 Tafeln. Die erste Einrichtung dieser Art wurde 1993 in Berlin gegründet. Es gibt einen Bundesverband “Deutsche Tafel e. V.” mit organisierten Treffen. Diese Bewegung wird als größte soziale Initiative der letzten Jahre hochgelobt. Tatsächlich sind die Tafeln binnen der letzen Jahre wie Pilze aus dem Boden geschossen. Die meisten Vereine sind Mitglieder des Bundesverbandes, es gibt nur wenige Tafeln, die davon unabhängig sind. Sie werden auch von der Bundesregierung regelmäßig für ihren Kampf gegen die Armut gewürdigt. Doch wie funktioniert das Tafel-Business rund um die Wohltätigkeit?
Die Trägerorganisationen sind offiziell Vereine, die sich über Spenden organisieren. Aber etliche Tafeln erhalten auch beträchtliche Zuschüsse von Kommunen. Indirekt profitieren sie auch von Zahlungen der Europäischen Union an “Lebensmittelbanken“. Die Europäische Kommission kauft nämlich seit 1980 Überschüsse aus der Agrarproduktion und stellt sie den Mitgliedsstaaten zur Verfügung.
Inwieweit die Spender der Lebensmittel Anteil an einem zweifelhaften Social-Business haben, ist schwer zu beurteilen. Ortsansässige Bäcker oder Metzger spenden mit Sicherheit ihrer ortsansässigen Tafel Waren von guter Qualität und sind zu Recht überzeugt, damit wertvolle Hilfe zu leisten.
Große Supermarktketten sind allerdings die Hauptlieferanten der Lebensmittel. Sie sparen Entsorgungsgebühren für abgelaufene Nahrungsmittel und Lagerkosten für Unverkäufliches.
Ein zusätzlicher Benefit ist der schöne, wohltätige Anstrich, diese Seht-her-wir-tun-was-gegen-die-Überproduktion- Geste. Dabei gehen die meisten Supermärkte rigide gegen das Containern vor, das heißt: gegen Menschen, die sich die sogenannten Abfälle aus den Müllcontainern organisieren, um gegen unsere Überflussgesellschaft zu protestieren. Dies ist nämlich eine unerwünschte politische Geste, das Spenden hingegen schafft ein positives Image. Diese bigotte Haltung der Supermarktketten kann man durchaus kritisieren.
Die Vereine selbst sind häufig davon überzeugt, dass sie Armut aktiv bekämpfen, positive Sozialkontakte bieten und ihren ‘Kunden’ gesellschaftliche Teilhabe garantieren. Der prominenteste Kritiker der Tafel-Bewegung, Professor Stefan Selke, hat dieses Image allerdings in etlichen umfangreichen Studien als überhöhtes Selbstbildnis enttarnt und nachgewiesen, dass lediglich 10 bis 15 Prozent der ‘bezugsberechtigten Kunden’ die Tafeln nutzen, alle anderen Zahlen seien hochgerechnet, um die Bedeutung der Einrichtungen zu überhöhen. Tafeln bieten nämlich, egal wie motiviert die ehrenamtlichen Mitarbeiter sein mögen, nur eines: abgelaufene oder unverkäufliche Lebensmittel. Die Auswahl ist zufällig, die Qualität unterschiedlich.
Sogenannte Kunden müssen zuerst ihre Bedürftigkeit nachweisen und bekommen einen ‘Ausweis’ , so will es die deutsche Bürokratie. Dann erhalten sie die ‘Spenden’. Viele empfinden das Procedere bei den Tafeln als demütigend und sehen diese als notwendiges Übel. In der Presse standen auch Organisationen, z.B. die Tafeln in Leipzig, in der öffentlichen Kritik. Teilweise mussten die Menschen stundenlang in der Kälte für ein paar Lebensmittel anstehen und durften nicht einmal die Toilette benutzen.
Hinzu kommt das Bewusstsein bei vielen Bedürftigen, sich von Abfällen unserer Überflussgesellschaft ernähren zu müssen. Kunde bei einer Tafel zu sein, erzeugt Stress, stigmatisiert und macht krank. Stefan Selke weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die hohen Kosten für unsere Gesellschaft hin, die nie auch nur ansatzweise geschätzt wurden.
Meist bekommen die
Mitarbeiter der Tafeln zuerst die hochwertigsten Lebensmittel. Die “Kunden” erhalten, was übrig bleibt. Manche werden bevorzugt, andere benachteiligt.
Entgegen dem Selbstbild der Tafeln, punktuell Soforthilfe zu leisten, sind etliche Menschen wider Willen Dauerkunden dieser Einrichtungen.
Zu niedrige Regelsätze der Hartz IV Grundsicherung verursachen den Bedarf. Wenn Jobcentermitarbeiter Zahlungen verzögern oder Sanktionen verhängen, drücken sie den Menschen gerne die Adresse der örtlichen Tafel in die Hand. Nicht erfasst werden Menschen, die ganz still unter der Armutsgrenze leben, weil sie Hartz IV nicht in Anspruch nehmen. Diese Menschen können nicht einmal auf Nahrungsmittelspenden hoffen, denn sie erhalten keinen ‘Berechtigungsschein‘ und müssen hungern. Tafeln versorgen also nicht einmal jeden in diesem Land, der Not leidet, sondern nur die, die es nachweisen können und wollen.
Und viele Bedürftige trauen sich auch einfach nicht in die lange Warteschlange, die auf dem Bürgersteig steht und von den “anständigen” Bürgern wie Zootiere begafft wird (vgl. dazu: Selke: “Schamland“).
Im Grunde werfen die Tafeln ein grelles Schlaglicht auf unseren versagenden Sozialstaat. Die Armut wird dort nicht bekämpft, sondern verwaltet. Tafeln sind nicht viel besser als die Suppenküchen des 19. Jahrhunderts, wo Arme aus den billigsten Abfällen eine warme Mahlzeit bekamen. Der Staat macht es sich bequem und gibt die Verantwortung für die Menschen an privat organisierte Vereine ab. Man kann sogar mit Fug und Recht behaupten, dass staatliche Versorgungslücken durch die Existenz der Tafeln legitimiert werden. Wozu sollte unser Staat die Missstände im Hartz IV System beseitigen, wenn sich im Schatten dieses Systems bereits ein lukratives Social-Business angesiedelt hat, das die Missstände ausgleicht, Arbeitsplätze schafft und zum profitablen Nutzen zahlreicher Unternehmen wirkt?
Dass dies in einem der reichsten Länder Europas notwendig sein soll und als ethisch vertretbar gilt, beziehungsweise als großes uneigennütziges Engagement gelobt wird, ist unfassbar und ein schlagkräftiges Plädoyer für die Einführung des BGE. Nur auf diese Art können Menschen ohne existenzielle Nöte leben und in Würde an der Gesellschaft teilhaben. Die Tafeln leisten jedenfalls keinen Beitrag zum nachhaltigen Kampf gegen die zunehmende Armut in unserem Land.
Die Tafeln – moderne Suppenküchen des 21. Jahrhunderts – sollte es gar nicht geben.
Seit Juli 2014
Redakteurin der Flaschenpost.
Bürgerliches, also nicht gewähltes Mitglied der Kreistagsfraktion Linke und Piraten in Pinneberg, Schleswig-Holstein. Parteimitglied der Linken.
Vor einigen Tagen entbrannte eine vehement geführte Debatte auf einer der Mailinglisten der Piraten über den Nutzen und die Bewertung der sogenannten Tafeln zur “Armenspeisung”, die in den letzten Jahren zunehmend kontrovers...
Kommentare
27 Kommentare zu Tafeln für Bedürftige: Wohltätigkeit oder Geschäft mit der Armut?
Ich – Nichtpriatin – teile die Kritik zu 100%. Im Windschatten des Kapitalismus hat sich eine Weiß-Ableistische Charity herausgebildet, die die Armen noch einmal in Klassen aufspaltet: “Ehrbare” Arme hier, die sich dem Registriertwerden beugen und folgerichtig als “bedürftig” (horribile dictu) wahrgenommen werden und “wilde” Arme dort, die sich nicht registrieren lassen und umso ärmer vor sich hin existieren.
Die achsoguten Charityladies und -lords schaffen sich ein bürgerlich-gutes Gewissen, klopfen sich auf die Schultern und “fühlen sich gut” – AUF DEM RÜCKEN der Armen, die sie als Mittel zum Zweck – nicht dem guten, sondern der narzistischen Selbstbespiegelung – be-nutzen.
Ein durch und durch ekelhaftes System, das durch Einführung des BGs trockengelegt gehört!
Danke der Autorin des oben stehenden Artikels für klare Analyse 🙂
»Charity degrades and demoralizes«, sagt Slavoj Žižek.
Das würde ich mal einfach so kopieren:
Ich – Nichtpriatin – teile die Kritik zu 100%. Im Windschatten des Kapitalismus hat sich eine Weiß-Ableistische Charity herausgebildet, die die Armen noch einmal in Klassen aufspaltet: “Ehrbare” Arme hier, die sich dem Registriertwerden beugen und folgerichtig als “bedürftig” (horribile dictu) wahrgenommen werden und “wilde” Arme dort, die sich nicht registrieren lassen und umso ärmer vor sich hin existieren.
Die achsoguten Charityladies und -lords schaffen sich ein bürgerlich-gutes Gewissen, klopfen sich auf die Schultern und “fühlen sich gut” – AUF DEM RÜCKEN der Armen, die sie als Mittel zum Zweck – nicht dem guten, sondern der narzistischen Selbstbespiegelung – be-nutzen.
Ein durch und durch ekelhaftes System, das durch Einführung des BGs trockengelegt gehört!
Danke der Autorin des oben stehenden Artikels für klare Analyse 🙂
Hallo Christiane
besser kann man/frau die Situation und die Funktion der Tafeln nicht beschreiben. DANKE
Danke für eure Kommentare :))
Was für ein deprimierend einseitiger herab würdigender Artikel.
Er wird den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen nicht gerecht und rückt sie in die Nähe von Geschäftemachern.
Das hier ein so einseitig stimmungsmachender Artikel nicht wenigstens als ‘Kommentar’ o.ä. gekennzeichnet wird lässt jede journalistische Objektivität vermissen.
Für mich ein absolutes no-go, es wird mich Überwindung kosten hier wieder vorbei zuschauen.
Schade.
Hi,
der Beitrag kritisiert deutlich das System, dass hinter diesem Prinzip steht. Das sich, vor allem bei dem Umfang, dort die Geschäftemacher einnisten, sollte keine Überraschung sein. Dass sehr viele Menschen, die dort arbeiten, dass aus Uneigennützigkeit und sozialem Engagement machen, streitet niemand – auch wir nicht – ab. Recht hast du in dem Punkt, dass dies auch im Beitrag erwähnt werden hätte können, vielleicht sogar sollen – aber der Fokus lag auf der Systemkritik, nicht auf den Menschen, die dort arbeiten.
Was die Kennzeichnung als Kommentar betrifft: Für den Beitrag haben wir das “Kommentar”-Beitragsbild verwendet. Zudem ist der Beitrag in der Kategorie “Kommentar” erschienen. Reicht das nicht aus als Kennzeichnung? Sollte es noch im Titel bzw. Untertitel stehen?
Hi Hans, Kommentare sollen eigentlich zur Diskussion anregen und keine Leser vergraulen, insofern lade ich dich herzlich zum nächsten Kaminabend ein:) Was allerdings das Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter bei den Tafeln betrifft, stimmt es, dass ich nicht viel davon halte, wenn diese behaupten, dass sie Armut bekämpfen. Das tun sie nicht. Der eine oder andere mag es gut meinen, aber das ändert nichts daran, dass sie Teil eines Geschäftsmodells sind. Wichtigste Aufgabe ist es, Existenzsicherheit und Teilhabe für alle Menschen zu schaffen. Wer sich ehrenamtlich engagieren möchte, fände auch, wenn das gelänge, andere Betätigungsfelder.
Ehrenamtliche Arbeit ist schon wichtig, aber ich weiß auch, z. B. Von der Tafel in Erkner, dass das ein Euro Jobber bzw. über Bürgerarbeit läuft, vom Job Center gesponsert. Das hat dann mit ehrenamtlicher Arbeit nichts zu tun.
Hallo Christiane, danke für deinen aufschlussreichen Beitrag zu den “Tafeln”. Spannend ist es auch den Zusammenhang der Tafeln mit der berüchtigten Unternehmensberatung/Wirtschaftssekte McKinsey zu untersuchen. Siehe: http://www.heise.de/tp/artikel/20/20576/1.html Die Tafeln wurden extra geschaffen, um das Sozialniveau extrem drücken zu können ohne die Gefahr von Hungeraufständen zu haben.
Danke für den Link und den Hinweis 🙂
Man kann die Armut in einer Gesellschaft als Gradmesser nehmen, um zu beurteilen, wie dumm eine Gesellschaft insgesamt ist.
Auf einer Skala von 1 bis 10 würde ich Deutschland irgendwo bei 4 einstufen. Also schon recht dumm. Aber es gibt ja noch wesentlich dümmere Gesellschaft.
Jeder arme Mensch, der sein Potential nicht voll entwickeln kann, ist ein Riesenverlust für jede Gesellschaft.
Wir verschwenden damit jedes Jahr einige hundert Milliarden Euro.
Was mir noch fehlte, ist der Hinweis, daß das, was da gespendet wird, nicht nur Entsorgungskosten spart, sondern tatsächlich oft nur noch entsorgenswert ist. Das heißt, die „Helfer“ dürfen dann erstmal aussortieren, was überhaupt noch verwertbar ist. Das geht bis hin zu verschimmeltem Obst/Gemüse. Es werden also nicht nur die Entsorgungskosten als solche gespart, sondern auch die Arbeit des Aussortierens.
Denn wenn ein Supermarkt wirklich will, dann geht es auch anders. Vereinzelt und leider viel zu selten kann man in manchen Märkten auf Artikeln große rote Aufkleber sehen, die verkünden, daß dieser Artikel wegen Ablauf des MHD nur noch die Hälfte kostet. Gerade arme Menschen greifen dann gerne zu. Das ist doch wesentlich besser, als stundenlang bei einer Tafel anzustehen und dann nur noch das zu bekommen, was zufällig übriggeblieben ist. Wenn denn was übriggeblieben ist.
Oder in Kurz: Ja, auch für mich sind die Tafeln letztendlich Geschäftemacherei. Vielleicht gar nicht mal so sehr für die Vereine, sondern für die Großspender. Die Vereine übernehmen ohne Auftrag eine Aufgabe, die eigentlich eine des Staates wäre, die er seit Hartz IV aber einfach ignoriert. Ein BGE wäre hier eine menschenwürdige Lösung.
Oder eine Gesellschaft ohne Geld und ohne einen Zwang zum direkten Tauschhandel, aber das ist nochmal ein anderes Thema …
Ja, du hast recht. Dein Kommentar ist eine sehr gute Ergänzung für den Artikel. Ich hatte von den verschimmelten Lebensmitteln gehört, aber keine Publikation gefunden, die das beweist. Auch wenn das BGE vorerst Zukunftsmusik ist, wofür es sich aber zu engagieren lohnt, darf sich der Staat nicht seiner Verantwortung entziehen. Die Sozialpiraten werden ein Positionspapier beim BPT zur Abstimmung stellen, in dem es darum geht.
Ich habe mal einen Bedürftigen zur Tafel in Frankenthal (Pfalz) begleitet. Die ausgegeben Lebensmittel waren kaum noch genießbar. Erstmal ließ man die ca 50 Leute eine Stunde lang anstehen bis jeder einzeln eingelassen wurde. Ich konnte beobachten wie der “Chef” der ganzen Veranstaltung sich unverholen mehrere Taschen mit noch genießbaren Lebensmittel in den Kofferraum seines Merceds Gl lud. Leider hatte ich meine Kamera vergessen.
Ähnlich lief das bei einer Tafel in Leipzig. Das war wenigstens im Lokalblatt. Ich weiß, dass es zum Teil auch Geschäfte in Grauzonen gibt, z.B. existiert in Niedersachsen zumindest eine Tafel, die mit den gespendeten Lebensmitteln eine Schulmensa und ein Café betreibt, sie also verkauft. Das könnte – je nach Vereinssatzung sogar legal sein-.
Ich gebe euch Recht, es sollte keine Tafeln geben (müssen). Sicher ist es notwendig das System grundlegend zu ändern, aber was tun bis dahin? Keine Tafeln, keine Suppenküchen, keine Obdachlosenunterkünfte und noch mehr Menschen verhungern und erfrieren lassen?
Hi Katrin, das ist ein sehr berechtigter Einwand. Wir Sozialpiraten fordern darum, dass die Sanktionen bei Hartz IV wegfallen und der Regelsatz deutlich angehoben, denn das Problem bei den Tafeln ist, dass sie davon existieren, dass der Staat Versorgungslücken schafft. Das kann nicht sein. Die Tendenzen Sozialstaat zulasten privater Initiativen abzubauen, führt oft auch zu nichts Guten. Zum Beispiel versuchen Kommunen zur Zeit private Anbieter zu finden, die Flüchtlingsheime ‘managen’. Das führte in Burbach dazu, dass die Menschen unwürdig leben mussten und zum Teil misshandelt wurden.
Hallo, ich teile einen Großteil der Kritik an den Tafeln bzw. unserem System, welches diese erst hervorgebracht hat. Aber ich halte es hier wie mit politischen Wahlen, bei welchen ich als Verfechter der direkten Demokratie lieber meine Stimme den Piraten oder den Linken gebe, bevor ich sie verschwende. Also auch für das Verschenken von Lebensmitteln bin, solange diese noch in einem guten Zustand sind. Als ehemaliger ehrenamtlicher Helfer bei der nordhessischen Melsunger Tafel, die mehrere hundert Menschen zumindest teilweise mit Lebensmitteln versorgt, weiß ich aber auch, daß nicht wenige Tafelmitarbeiter/innen die Kritikpunkte teilen. Und was den Zustand der auszugebenden Lebensmittel anbetrifft, gibt es bei uns klare Regelungen, so daß nur einwandfreie Ware abgegeben werden sollte. Wenn das einmal nicht der Fall ist, kann es zum Beispiel daran liegen, daß auch die Mitarbeiter der Tafel durchaus Arbeitsstreß haben können, und es oftmals zeitlich schlecht möglich ist, im Vorfeld der Ausgabe jeden einzelnen Artikel auf seinen Zustand zu überprüfen. Außerdem werden die Artikel von den Spendern in der Regel bereitgestellt, bevor das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Je nach Art der Ware kann es aber durchaus vorkommen, daß sie auch nach Ablauf des MHD noch ausgegeben wird, und zwar ganz bewußt, weil zumindest einiges noch zum Teil sehr viel später noch zum Verzehr geeignet ist. Auch privat entsorge ich meine eigenen Lebensmittel nicht sofort in den Müll, nur weil das MHD überschritten ist, sondern versuche zuerst, mir ein Bild von deren Zustand zu machen, um dann zu entscheiden, wie ich mit ihnen verfahre.
Die Aussortiererei der besten Stücke zugunsten des privaten Bestands von Helfern/Mitarbeitern bei neu ankommenden Sachspenden läuft in den Kleiderkammern des DRK nach dem gleichen Schema ab, das kann ich aus Berichten einer Verwandten, die dort eine lange Zeit aushalf, bestätigen.
Bedauernswert ist das die Kritiker an den Tafelläden streng genommen mit ihren Büchern bzw. Veröffentlichungen und Forschungsarbeiten, wie Prof. Sell oder Butterwegger, selbst mit diesem Thema Geld verdienen, um Aufmerksamkeit, den Staat anprangern, aber selbst keine Auswege, die zu gehen wären und pragmatisch umsetzbar anbieten. Es reicht nicht auf das Sozialstaatsgebot oder die Würde des Einzelnen, die Pflicht des Staates auch Menschen ohne Job würdig zu behandeln.e Denn jede Gemeinschaft, wie der Staat, begrenzt über begrenzte Mittel – an Geld, Personal, Immobilien Staatsunternehmen, gerade wie aktuell bei geringen Wachstum, Finanz- und Eurokrise, auch die Globalisierung macht es in den neoliberalen Wirtschaft nicht einfacher. So sind diese Ressourcen wieder zwischen armen und reichen Bürgern über die Haushalte umzuverteilen, dass sich jeder gerecht behandelt sieht sowohl auf der Einnahmenseite der Steuern, wie auf Einkommen, Mehrwertsteuer oder Erbschaft und Ausgabenseite z.B. Subventionen, Transferleistungen, Beamte und Investitionen sowie Polizei und Landesverteidigung. Dabei begleitet jede Gesellschaft schon immer Armut und Reichtuam und diese vereinbart dies direkt oder indirekt in Prozessen, wss sie bereit ist zu akzeptieren. Tafelläden sind zugegebenermaßen ein Zeichen, dsss sowohl Arbeitsmärkte, staatliche Verwaltung und Armenversorgung nicht so funktionieren, wie sie sollten. Tafelläden können und sollen Armut nicht abschaffen, sondern lindern und nach einer Übergangszeit der Krise wieder verschwinden. Dass auch diese Organisationen Schwächen haben in ihrer Strukur oder auch die Haupt- und Ehrenamtlichen auch dem menschlichen Versagen unterliegen heißt nur, dsss auch ihnen diese Fehler aufzuklären und zu beseitigen, wie in der Regierung, Olympia, bei VW oder der Deutschen Bank jeden Tag zu leisten ist. Aber, wenn Sell und Butterwege Hartz IV und Tafelläden, dann reicht anprangern bicht, dann sollten sie einen gesellschaftlichen oder politischen Konsens herbeiführen, damit diess Ärgernis verschwindet, dann wäre das Einkommen diesee Spitzenverdiener auch noch gut eingestzt!
Danke für den Kommentar. Das ist ein bedenkenswerter Aspekt. Ich fürchte nur, dass die Aufklärung von Fehlern bei in der Regierung, bei Olympia, bei VW oder der Deutschen Bank auch zu wünschen übrig lässt. Vieles erfährt die Öffentlichkeit gar nicht.
Ich stimme Hans zu.
Auch manche KommentatorInnen, wie die Artikelschreiberin, ruhen sich hier auf ihren Privilegien aus. Wie helfen denn diese Leute anderen, ausser durch, herabsetzende Artikel und Kommentare, schreiben?
Aber natürlich ist es einfacher und für manche/n befriedigender Andere abzuwerten die helfen.
‘Es gib nichts Gutes außer man/frau tut es.’
Und damit sind nicht zynische Artikel/Kommentare gemeint.
Länger nicht mehr hier vorbei geschaut.
Boah, wird das nächste Mal noch länger dauern.
Sehr verehrte Christiane,
ich habe mit großer Begeisterung deinen Artikel gelesen. In vielen Punkten möchte ich dir beipflichten.
Seit Längerem zähle ich zu dem Kreis der Bedürftigen, so dass ich von einer Vielzahl prekärer Sachverhalte berichten könnte. Das Thema “Tafel” betrifft mich selbstverständlich auch. Ich bin nicht nur Besucher, sondern auch Mitarbeiter eines solchen Vereins. Dort arbeiten wir im wahrsten Sinne des Wortes für ´nen Appel und ‘n Ei!
Noch deprimierender wirkt der Umstand, dass viele ausgehändigten Lebensmittel sich in einem grenz-wertigen Zustand befinden. Nach mehrmaligen Ärgernissen entschied ich mich deshalb, die Lebensmittelaufsicht einzuschalten. Dem Zuständigen war die Problematik wohl bekannt, ja, er sprach selber sogar von einer “rechtlichen Grauzone”. Demzufolge würden mangels gerichtlicher Klärung die meisten Tafelläden einfach so weitermachen.
Die Folge: Vielfach als Lebensmittel-Müll einzustufende Ware wird auf diese Weise weiterhin als angeblich verkehrsfähig über die Theke gereicht. Der Lobpreis-Gesang über die Tafeln bricht trotzdem nicht ab. Ich finde das mehr als nur merkwürdig.
PS: Wenigstens das Containern bleibt mir erspart!
Hallo Christiane,
ich möchte sehr gerne meine Begeisterung über deinen Artikel kundtun. Er ist kritisch scharf formuliert und möchte nach Möglichkeit keine größeren Details verschweigen. Die Inhalte sind leider bis auf den heutigen Tag als top aktuell zu bezeichnen. Herzlichen Dank für deinen Mut.
Wirklich Betroffenen möchte ich folgenden Rat mit auf den Weg geben: 1. Benachrichtigt die Lebensmittelaufsicht, wenn ihr meint, dass der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt zu sein scheint. 2. Da es sich bei dem genanten Sachverhalt um eine rechtliche Grauzone handelt, könnt ihr ein Gericht zwecks Klärung anrufen. 3. Schaltet die Medien ein.
Zum Schluss möchte ich im Rahmen hoffentlich noch bestehender Meinungsfreiheit darum bitten, diesen Kommentar – nicht – zu löschen. Denn sonst sind Sie nicht besser als ERDOGAN & CO. See you….!
Hallo zusammen, ich finde alles richtig, was hier gesagt wurde. Der letzte Kommentar zeigt auch, dass bei konsequentem Vollzug der gesetzlichen Hygienevorschriften, alle Tafeln schließen müssten.
Die Einhaltung dieser Vorschriften sollte politisch eingefordert werden, hier geht es ja auch um die Gesundheit von Menschen.
Gleichzeitig sollten menschenwürdige Alternativen gefordert werden: Staatliche geführte Tafeln, die von Fachkräften geführt werden, mit Ausgabe von frischen Bionahrungsmitteln und Kochkursen etc.
Bei unserer Tafel nimmt man von jedem Bedürftigen 5,00Euro ist das gerechtfertigt, seit dem Gehen viele nicht mehr hin,Blumen kosten extra 2,00 Euro?
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