Egal ob Desktop-PC, Laptop, Tablet, Smartphone – die NSA hat bereits in allen Geräten ein Hintertürchen. Egal ob E-Mail, Telefongespräch, Bewegungsdaten, Browserverlauf – keine Information scheint mehr sicher zu sein. Ob schuldig, verdächtig oder unschuldig spielt dabei längst keine Rolle mehr. Es wird ein weltweites Fangnetz ausgeworfen und alles, was darin hängenbleibt, wird eingesammelt, gespeichert und kann im Zweifelsfall gegen einen verwendet werden.
Darüber Bescheid wissen wir natürlich dank Edward Snowden, der seine eigene Freiheit und Sicherheit aufs Spiel setzte, um die Weltöffentlichkeit über diese Grundrechtsverletzungen seitens der NSA aufzuklären. Doch auch wenn der Aufschrei groß und die Reaktionen auf die Enthüllungen vielfältig waren, so hat sich doch effektiv bis jetzt wenig daran geändert. In Deutschland war die einzige Reaktion seitens der Regierung ein NSA-Untersuchungsausschuss, der bis jetzt allerdings noch zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen ist. Offene Opposition kommt zwar von vielen Seiten, doch gegen die durch den Staat geschützten Geheimdienste scheint dies alles keine Wirkung zu haben.
Das möchte die American Civil Liberties Unit (ACLU) zusammen mit der Wikimedia Fundation und weiteren Organisationen, wie Human Rights Watch und Amnesty International, nun ändern. Sie haben eine Klage auf Basis des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) gegen die NSA in Amerika eingereicht, wie Wikipedia-Gründer Jimmy Wales und Lila Tretikov, Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation, mit einem Gastkommentar in der New York Times ankündigten.
Millionen Autoren weltweit tauschen sich auf Wikipedia über verschiedene Themen aus und schreiben dazu Artikel. Viele davon – besonders diejenigen, die über kontroverse Themen schreiben oder in Staaten mit repressiven Regierungen leben – bevorzugen es, anonym zu bleiben. Sie sollten die Möglichkeit haben, dies auch ohne Angst vor der Überwachung durch die NSA oder andere Geheimdiensten zu tun. „[Allgegenwärtige Überwachung] erstickt die Freiheit zur Meinungsäußerung und den freien Austausch von Wissen, den Wikimedia ermöglichen soll.“, so die Gastautoren in der New York Times.
Inhaltlich bezieht sich die Klage auf den FISA Amendments Act – hier wurden der NSA und anderen Geheimdiensten Rechte eingeräumt, Kommunikation zwischen Amerikanern und ausländischen „Zielen“ zu überwachen. Doch wie bekannt ist, hat die NSA ihre Befugnisse hier weit überschritten – es wird auch jeder überwacht, der nur über „Ziele“ schreibt oder etwas liest, oder nur entfernt mit ihnen Verbindungen steht. Dadurch geraten unzählige Unschuldige in die Fänge der NSA. Ziel der Klage ist es, diese Überwachung mit dem „Schleppnetz“ zu unterbinden.
Die Piraten sollten diese Klage weltweit öffentlich unterstützen und nach Möglichkeit Hilfe anbieten. Hier könnte ein erstes, substantielles Urteil zustande kommen, dass den Überwachungswahn der NSA und anderer Geheimdienste einschränkt, wenn nicht gar beendet. Und selbst wenn man persönlich den Prozess nicht beeinflussen kann, ist es trotzdem möglich, etwas Positives zu tun, wie ein Nutzer auf Reddit kommentierte, als er von der Klage hörte:
Eine kleine Spende an die gemeinnützige Wikimedia Foundation ist sicher ein guter Anfang zur Unterstützung – in der Hoffnung, dass der sicher lang andauernde Prozess ein positives Ende nehmen wird.
About Steve König
Ich bin zur Flaschenpost gekommen, weil ich gerne schreibe. Über (Netz-) Politik, Demokratie, (digitale) Grundrechte - den ganzen Piratenkram also und so ziemlich alles, was mir unter die Finger kommt und mich interessiert. Als Chefredakteur bin ich zudem für die Organisation zuständig und als Ansprechpartner für unser Team von Redakteuren da.
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Kommentare
4 Kommentare zu Gegen Überwachung und Kontrolle – Wikipedia zieht gegen NSA vor Gericht
Das Rechtssystem in den USA scheint seit vielen Jahren nicht mehr zu funktionieren. Deshalb kann es auch die Geheimdienste nicht kontrollieren, selbst wenn Klagen erhoben werden. Auch unser Rechtssystem zeigt deutliche Schwächen ( siehe zum Beispiel psychiatrische Gutachten, die zu jahrelanger, ungerechtfertigter Haft führen können ) Es wird Zeit, dass unser gesamtes Rechtssystem einmal durchforstet wird, damit der Müll aus der Vergangenheit ausgemistet wird. Und wir müssen es schlanker machen. Keine Prozese mehr für Bagatellen, dafür reichen Schiedsgerichte, deren Urteil dann nicht mehr anfechtbar ist. Da auch unser Staat wesentlich mehr Geld für die Geheimdienste ausgibt und fast kein Geld für unabhängige Kontrolleure ( siehe Datenschutzbeauftragter, praktisch eine Einmann-Show ), werden die Geheimdienste nicht zu kontrollieren sein. Siehe NSU-Prozess, bei dem die Rolle der Geheimdienste nicht aufgeklärt werden kann. Personal- und Finanzmittel für Geheimdienste müssen stark reduziert werden. DAfür die Fähigkeiten der Polizei deutlich verbessern. Geheimdienste sind ein Fremdkörper in einer Demokratie, da sie durch Gerichte nicht kontrolliert werden können.
Wolfgang Schäuble hat es gallig, drastisch, aber leider treffend formuliert: Seit dem 8.Mai 1945 ist Deutschland kein souveräner Staat mehr. Die Siegermächte hatten damals ja auch gute Gründe, eine Souveränitat des Verbrecherstaates Großdeutsches Reich, zu dem das honorige Bismarck’sche Staatswesen Deutsches Reich verkommen war, nicht mehr zuzulassen; man machte es gründlich, wie wir von Egon Bahr wissen (ich teile nicht seine politischen Positionen, halte ihn aber für einen durch und durch integren Menschen) haben alle zukünftigen Bundeskanzler bis 2099 vor ihrer Vereidigung die Kanzlerakte, in der festgelegt ist, dass Deutschland nichts unternimmt, was sich gegen die Interessen der Siegermächte richtet, zu unterschreiben. Frau Merkel hat es zwar abgestritten, doch ich glaube ihr gar nichts mehr (“mit mir wird es keine PKW-Maut geben”).
In den vergangenen sieben Jahrzehnten haben wir vieles an Souveränität zurückgewonnen; wir dürfen Hühnerdiebe aburteilen (dafür kommen vielleicht genmanipulierte Chlorhähnchen auf unsere Teller, man wird sehen) und sogar gegen die USA Tore schießen, unsere Jungs (und Mädchen !) dürfen in Afghanistan ihren Kopf hinhalten und Schröder brachte es sogar fertig, Deutschland aus dem Angriffskrieg der Bush-Administration gegen den Irak herauszuhalten, wss ein beachtliches Meisterstück Schröders war. Nach dem Motto: “Hannemann geh du voran” kann sich Frau Merkel mit Billigung (oder auf Anweisung der Patronatsmacht USA)gegenüber Putin sogar eine große Klappe leisten.
All das ändert aber nichts, aber auch gar nichts daran, dass Deutschland eben nicht die volle Souveränität besitzt, nach Jahrzehnten gründlicher Überwachung der alten BRD (DDR sowieso), wie Professor Jesef Foschepoth in seinem lesenswerten Buch “Überwachtes Deutschland” nachgewiesen hat. Daran hat sich auch nach den 2+4-Verträgen im Prinzip nichts verändert; die Anwendung der alten Überwachungsgesetze ist ausgesetzt und hängt ganz vom Belieben der alten Siegermächte, voran der USA ab. Das Begehren der Grünen und dazu auch vieler Piraten, Herrn Snowden nach Deutschland vorzuladen, strotzt vor Naivität. Er wäre hier keine Sekunde sicher gewesen, und ist es in Moskau nur so lange, wie es Herrn Putin passt. Daher ist der ganze NSA-Untersuchungsausschuss-Aktionismus nichts als Theaterdonner.
Wir Piraten sollten endlich die bittere (und durch unsere Großväter verschuldete) Realtät zur Kenntnis nehmen; Deutschland ist nach wie vor besetztes Land, wenn auch am langen Zügel, das gilt für die NSA, das gilt für TTIP. Dide USA haben das Sagen – and nobody else!
Ich habe im Internet gelesen, dass die Kanzlerakte während der Legislaturperiode im Bernsteinzimmer aufbewahrt wird, das sich in Neuschwabenland befinden soll. Vielleicht ist ja das die Botschaft hinter den Chemtrails?
Lieber Michael Renner, ich diskutiere nicht unter meinem Niveau!
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