Berlin, Augsburg, Tansania, drei Orte und vier besondere Initiativen für Flüchtlinge oder solche, die es später werden könnten. Schauen wir zuerst nach Berlin. Dort gründete sich der Verein Cucula. Dieses Wort stammt aus der westafrikanischen Hausa-Sprache und bedeutet „etwas verbinden, gemeinsam machen“.
Flüchtlinge bauen Designermöbel
Der Berliner Verein Cucula finanzierte ein Crowdfunding-Projekt über 70.000 Euro. Es ermöglichte fünf jungen Männern, die Lampedusa aus Afrika kommend mit Flüchtlingsbooten erreichten, ein Auslandsstipendium, das sie vor Abschiebung schützt. Nun tischlern die Männer Designermöbel nach geschenkten Entwürfen des Designers Enzo Mari und arbeiten bunte Holzplanken der Boote ein, die an die Küste von Lampedusa geschwemmt wurden, weil die Boote gesunken waren. Enzo Mari kreierte 1973 Möbel zum Selberbauen als Gegenentwurf zu einer kapitalistischen Kosumgesellschaft. Nun sind die Möbel ein Mahnmal für Europäer und der Hoffnungsschimmer für die fünf Flüchtlinge: sie helfen die schlimmen Erinnerungen an die gefährliche Reise zu verkraften und schenken den Männern die Hoffnung eine Ausbildung als Tischler zu bekommen, sich eine Existenz aufzubauen und in Deutschland bleiben zu dürfen. Der Verein Cucula hat die Menschen berührt, denn statt der benötigten 70.000 Euro kamen bei der Crowdfunding-Aktion 120.000 Euro zusammen. Seit Ende November 2014 verkauft der Berliner Verein die besonderen Stühle.
Flüchtlinge sind Asylgäste im Künstlerhotel
Von Berlin nach Augsburg: Künstler, die namentlich hinter ihrem Projekt zurücktreten wollen, eröffneten in einem ehemaligen Pflegeheim ein besonderes Hotel namens “Grandhotel Cosmopolis” – es beherbergt Touristen, Künstler und Flüchtlinge. Dort gibt es nämlich 27 Flüchtlingszimmer neben den 18 Zimmern für ganz normale Hotelgäste und den elf Künstler-Ateliers, außerdem einen Seminarraum, ein Café und ein vegetarisches Restaurant. Damit wollten die Initiatoren ein Zeichen der Menschlichkeit setzen. Dies ist ihnen gelungen, denn heute finden dort Veranstaltungen, Konzerte, Workshops und Seminare statt. Das Haus ist eine offene Begegnungsstätte für jedermann und verhilft Flüchtlingen nicht nur zu einer gemütlichen Unterkunft, sondern auch dazu, sich wirklich willkommen zu fühlen. Im Frühjahr 2014 gewann das Grandhotel Cosmopolis beim Bundeswettbewerb “Deutschland – Land der Ideen”.
Flüchtlinge sind gleichberechtigte WG-Mitbewohner
Und von Augsburg wieder nach Berlin. Warum sollen Flüchtlinge nicht in freien WG-Zimmern wohnen? Das fragten sich die Initiatoren Mareike Geiling und Jonas Kakoschkein im November 2014, als die Städte und Kommunen nicht mehr wussten, wie sie die zunehmende Anzahl an Flüchtlingen menschenwürdig unterbringen sollten. Sie verschickten Emails an ihre Freunde. Daraus wurde eine Initiative, die bundesweit Zimmer an Flüchtlinge vermittelt. Um die Miete zu finanzieren, haben sie bei der Familie und Freunden Spenden gesammelt. In zwei Wochen kam so die monatliche Miete des WG-Zimmers von 380 Euro für ein Jahr zusammen. Jetzt arbeitet die Initiative mit dem Flüchtlingsrat Berlin und der Diakonie zusammen, sammelt Mikrospenden und hat dabei selbst viel Kompetenz und Wissen im Bereich der Flüchtlingsarbeit gesammelt! Am 15.12.14 hatten bereits 190 Menschen WG- Zimmer zur Verfügung gestellt. Und weil zum Zusammenleben Sympathie gehört, sorgen die Initiatoren dafür, dass sich die zukünftigen Mitbewohner vorher kennen lernen und später Ansprechpartner haben, falls es irgendwelche Probleme gibt.
Flüchtlinge sollte es gar nicht geben
Von Berlin nach Tansania. Kinder in Afrika brauchen eine Schulausbildung, um später eine Lebensgrundlage zu haben. Wie sollten sie sonst in ihrem Heimatland bleiben können? Dies gilt erst recht für Waisenkinder, die ihre Eltern durch Aids verloren haben, sagte sich Gisela Schiffmann aus Pinneberg und gründete im Jahr 2011 gegen alle Widerstände vor Ort ein Heim für Kinder in Tansania, wo sie selbst ihre Jugend verbrachte. Heute leben im Waisenhaus “Karibuni” 12 Kinder im Alter von vier bis neun Jahren. Menschen, die helfen möchten, können die Patenschaft für eines der Kinder übernehmen oder spenden. In Pinneberg hat sich eine Kooperation mit einer der örtlichen Schulen ergeben.
Weihnachtsbasare, Spendenläufe usw. finden zu Gunsten von Karibuni statt und so kam im letzten Jahr bei einem Sponsorenlauf die stolze Summe von 10.145 Euro zusammen. Das Besondere bei diesem Projekt ist, dass jeder Cent da ankommt, wo er hingehört: bei den Kindern aus Tansania. So oft es geht, ist die über 80-Jährige bei Aktionen der Schule mit dabei, zeigt den Schülern Bilder und erzählt ihnen von afrikanischen Kindern und ihrer Lebenswelt in der Hoffnung, dass auf diese Weise auch der Eckstein für ein sozialeres Miteinander und mehr Verständnis füreinander gelegt werden kann. Noch heute pendelt Gisela Schiffmann zwischen Afrika und Deutschland.
Berlin, Augsburg , Tansania, drei Orte und vier besondere Initiativen, die hoffen lassen, dass sich mehr davon gründen.
About Christiane vom Schloß
Seit Juli 2014 Redakteurin der Flaschenpost. Bürgerliches, also nicht gewähltes Mitglied der Kreistagsfraktion Linke und Piraten in Pinneberg, Schleswig-Holstein. Parteimitglied der Linken.
- Web |
- More Posts (123)
Kommentare
6 Kommentare zu Flüchtlinge Willkommen – vier besondere Initiativen stellen sich vor
Es ist ermutigend zu hoeren, dass es solche Initiativen gibt, um hier gestrandete Fluechtlinge aufzufangen und umgehend in Ausbildungs- und Beschaeftigungsmassnahmen einzubinden. Wir duerfen jedoch angesichts der Massen an Fluechtlingen allein aus Afrika nicht vergesen, dass so etwas auf breiter Front vermutlich nicht organisiert werden kann. Zudem wuerde es, falls dies doch moeglich waere, vermutlich zu noch mehr Fluechtlingen aus dieser Region fuehren. Es kann aber keine Loesung sein, in Zukunft halb Afrika in Europa anzusiedeln !
Wir stehen also vor der Aufgabe, zusammen mit den Herkunftslaendern gezielt zu verhindern, dass ueberhaupt gefluechtet wird und muessen gemeinsam den kriminellen Schlepperbanden, die fast immer dahinterstehen, das Handwerk legen. Einen anderen Weg sehe ich nicht.
Der zur Zeit immer weiter anwachsenden Fluechtlingswelle ueber das Mittelmeer stehen auf europaeischer Seite gegenwaertig keine wirkssamen Mittel zu einer wirklichen Integration zur Verfuegung, was vermutlich zur Folge haben wird, dass sich in den groesseren Staedten ein neues Prekariat bilden wird, mit allen problematischen sozialen Folgeerscheinungen. So etwas kann doch niemand wollen.
Danke für den Kommentar. Er ist eine Bereicherung für den Artikel. Ich denke auch, dass wir in Europa dringend Wege finden müssen, Menschen zu helfen, in ihren Heimatländern eine Lebensgrundlage zu schaffen / zu finden. Solche Initiativen helfen nur wenigen Flüchtlingen und ändern nichts an dem Problem selbst, dass meiner Meinung nach nicht konsequent angegangen wird.
Bei den “Grünen” fängt das Thema “Flüchtlinge” da an, wo Flüchtlinge nach Europa einreisen wollen. Sie sehen die potenziellen Widerstände in der Bevölkerung und werben für eine große Bereitschaft, Flüchtlinge mit offenen Armen zu empfangen. Ich frage mich wo fängt das Thema denn wirklich an, werden Konflikte (auch Kriege) systematisch ausgeschlachtet – um z.B. den Plan einer Multikulturellen Gesellschaft noch schneller voranzutreiben, geht dabei in Wahrheit auch Kultur verloren, soll man Flüchtlinge nicht mal selber und unverfälscht zu Wort kommen lassen – um sie wenigstens mal aus der Stigmatisierung und der Anonymität herauszuholen, wer profitiert durch sie – wer erleidet Verluste, wird diesen Menschen per schöne Fernsehbilder wirklich das vermittelt – was sie dann durch eine sehr risikoreiche Reise auch tatsächlich vorfinden, hat sich ihre anstrengende Reise gelohnt, wie wird Russland mit den Flüchtlingen aus der Ukraine fertig, Meine Antwort heißt eine andere Politik zu fahren, mehr Aufklärung mehr Verständigung und mehr Friedensforschung! Krieg schafft unendliches Leid und unzählige Flüchtlinge! Wenn nicht jeder selber das Denken lernt, dann werden immer ein paar wenige dafür sorgen, dass die Mehrheit weiterhin unendlich viel, der verfehlten Politik hinterherräumen dürfen und somit mit viel Schwachsinn beschäftigt bleiben würden!
Wer Schlepper oder den islamistischen Terror verantwortlich macht, für die Flüchtlingsströme nach Europa, ist sehr einfach gestrickt, oder bedient gezielt oder unbewusst jene Kräfte, die möglichst einfachen Problemlösungen zugeneigt sind … wer hat denn dem islamistischen Terror erst den Boden bereitet und tut es immer noch? Diese Frage soll sich doch jeder einmal für sich selbst beantworten. Schlepper gibt es immer nur dort, wo es auch einen “Markt” dafür gibt – und wir sind doch alle für die freie Marktwirtschaft, oder etwa nicht? Für politisch verfolgte Flüchtlinge gibt es das Recht auf Asyl. Auf welches Recht können sich Wirtschaftsflüchtlinge berufen? Den Flüchtlingen ist es egal … sie berufen sich auf ihren leeren Magen, und das ist ihr gutes Recht – und zwar mindestens so lange wie die EU mit afrikanischen Ländern Handelsabkommen wie das erpresserische EPA auflegt, gegen das in den westlichen Ländern genau so demonstriert werden sollte, wie gegen die ganzen anderen Geheim-Abkommen, von denen kaum einer weiß was drinnen steht. Für mich ist somit JEDER Flüchtling mittlerweile ein Demonstrant gegen diese einzig und allein auf Eigennutz, Profit und auf die Expansion politischer sowie wirtschaftlicher Einflusszonen ausgerichtete Politik und insofern willkommen und je mehr Probleme uns dadurch entstehen, desto besser – denn, es braucht ein grundsätzliches Umdenken. Extremistisch sind nicht immer nur die anderen – die linken, die rechten und die Muslime. Extremistisch ist vor allem auch der Westen und seine immer fundamentalistischer, materialistischer und somit empathiefreier werdende Ideologie des freien Marktes.
Danke für deinen Kommentar 🙂
Sehr gute Projekte, in Augsburg war ich letztes Jahr, Ich hab Grandhotel Cosmopolis” besucht zusammen mit allen Migranten/Ausländerbeirate Bayerns Ich fand es toll das man zum ersten mal Freude dran hat 5 Euro für eine Weißbier zu Zahlen weil man hat gewusst das damit gutes getan wird.
Es können keine neuen Kommentare mehr abgegeben werden.