Zum Thema “Defence Matters to Europe, really?” diskutierten hochkarätige Teilnehmer aus Politik und

Frank Mattern bei der Eröffungsrede zur Diskussion “Defence matters to europe, really?” | CC BY 3.0 Michael Renner
Wirtschaft. Anwesend waren Frank Mattern (McKinsey), Jean-Yves Le Drian (franz. Verteidigungsminister), Dr. Thomas Enders (Airbus), John Harris (Raytheon International) und Michael Fallon (Verteidigungsminister des Vereinigten Königreiches). Constanze Stelzenmüller moderierte die Podiumsdiskussion.
Vor zwei Jahren beherrschte smart Defence als das große Thema die Münchner Sicherheitskonferenz. Mit weniger finanziellem Aufwand mehr erreichen, war die grundsätzliche Ausrichtung der Verteidigungspolitik. Letztes Jahr war das schon kein großes Thema mehr. Heute einigten sich alle Experten darauf, dass mehr, nicht weniger sondern mehr Geld für die Verteidigung ausgegeben werden muss.
Jean-Yves Le Drian, der französische Verteidigungsminister, fragte gleich zu Beginn der Diskussionsrunde nach dem tragischen Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hepdo, der die ganze Welt erschütterte, kritisch, ob innere Sicherheit noch von der äußeren Sicherheit zu trennen wäre. Er vertrat die Position, dass die Terroranschläge mit militärischer Präzision ausgeführt worden waren. Dies ließe die Frage nach dem Zusammenhang und dem Zustand der äußeren und inneren Sicherheit Europas in neuem Licht erscheinen, erklärte er.
Thomas Enders von Airbus zeichnete nach dem Statement des französischen Außenministers zwei mögliche Zukunftsszenarien. Das Erste skizzierte die aus seiner Sicht positive Situation, die eintritt, wenn sich in der Sicherheitspolitik nichts ändert, also die Verteidigungsausgaben auf heutigem Niveau bleiben. Dies würde ermöglichen, dass die Europäer weiterhin gemeinsam an Sicherheitsthemen forschen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber -so Thomas Enders- dass die Ausgaben für Verteidigung seit 2008 sehr gefallen sind. Demzufolge befürchtete er, dass das zweite, negative Szenario eintrifft, nämlich dass die Ausgaben weiter sinken – auf weniger als die vereinbarten 2% des BIP als definierte Untergrenze.
An dieser Stelle meldete sich Jo Harris von Raytheon International zu Wort und umriss die Situation des Rüstungsmarkts in Europa aus seiner wirtschaftlichen Sicht. Er gehe nicht davon aus, dass etwas, was in den USA funktioniere auch in Europa klappen könnte. In Europa sieht er deutlich mehr Unsicherheiten, was die Ausgaben für die Verteidigung betrifft im Vergleich zu den USA. Man sollte bereit sein, schwierige Entscheidungen zu treffen, weiter zusammen zu arbeiten und sicher stellen, dass es einen offenen Wettbewerb geben kann, betonte er weiterhin.

Ursula von der Leyen und Jens Stoltenberg bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2015 | CC BY 3.0 Michael Renner
Michael Fellen, der Verteidigungsinister des Vereinten Königreichs erklärte kämpferisch, der Wille, Europa zu verteidigen, sei vorhanden. Er problematisierte die Politik Russlands, das aus seiner Sicht versucht, das soziale Gefüge Europas auf den Kopf zu stellen. Zu den positiven Aspekten gehört seiner Meinung nach die Zusammenarbeit der Europäer. Als Beispiel nennt er die “Air Police”, die den Luftraum über den Baltischen Staaten beobachtet. Weiterhin führte er aus, dass die schwierigen Jahre nach der Wirtschaftskrise zur Drosselung der Ausgaben für die Verteidigung führten. Mittlerweile gebe es Staaten, die weniger als diese 2% für Verteidigung ausgeben würden. Die Engländer hätten beschlossen 20% des Verteidigungshaushaltes für Investitionen zu reservieren.
Danach umriss er die Entwicklung der Transatlantischen Beziehungen. Diese änderten sich seit dem Lybieneinsatz. Michael Felten skizzierte, dass die USA nicht mehr ganz vorne stehen wollen und sie so den Europäern die Führung überlassen würden. Doch die Europäer hätten nicht genug Waffengerät und waren dann doch wieder auf US-Hilfe angewiesen. Er schloss sein Statment mit einem Appell: Alle Länder stünden unter finanziellem Druck. Aber auch die USA hätte den selben finanziellen Druck durch ihren Haushalt. Die europäischen Mitglieder der NATO würden anerkennen, dass sie einen größeren Anteil tragen müssen. Zum Schluss erinnerte er an die Bedrohung durch IS, auch an Boko Haram und die Krise in der Ukraine.
Jean -Yves Le Drian, der französische Außenminister äußerte sich besorgt. Er sieht das Risiko für die Sicherheit Europas durch das Entstehen eines Terrorismusbogens vom Noden von Mali bis an die Grenze Afganistans. Dazu könnte, seiner Meinung nach auch Boko Haram stoßen. Dann sei nicht nur Europa gefährdet sondern die ganze Welt. Frankreich und die NATO engagierten sich deshalb in der Allianz. Das habe nichts mit einem “Europa der Verteidigung” zu tun, sondern damit, dass sie Verantwortung übernehmen würden. Abschließend appelliert er, dass es gravierende Probleme zur Folge hätte, wenn keine reichtzeitige Intervention erfolge. Deutschand habe eine neue Haltung eingenommen, was äußere und innerer Sicherheit beträfe. Der Gefahr sei sich Frankreich bewusst und das sei die gute Nachricht, schloß er seine Rede.
Der französische Außenminister forderte außerdem, es müssten sogar mehr als 2% des Haushalts investiert werden, denn es gebe auch mehr Bedrohungen: Wir haben alle Mittel in der Hand und das ist notwendig. Es gibt eine Roadmap. Wir arbeiten mit den Briten und Deutschland zusammen und wir bauen ein Europa der Verteidigung. Wir stellen uns keinen Temple der Verteidigung vor, wir müssen jetzt bauen, erklärt er zum Abschluss.
Bei der ganzen Diskussionsrunde fiel die grundsätzliche Einigkeit der anwesenden Größen aus Politik und Wirtschaft auf. Alle betonten, dass sich Europa seiner Verantwortung bewusst werden müsste und alle Staaten mindestens 2 Prozent, besser aber mehr als das in die Verteidigung stecken sollten.
Die Frage, woher das Geld stammen könnte, beziehungsweise, wo es eingespart werden muss, spielte dabei keine Rolle. Es ist anzunehmen, dass wieder in sensiblen Bereichen, wie Bildung oder Sozialausgaben, eingespart werden soll.
Ebenfalls auffällig ist die anfängliche, durch den französischen Verteidigungsminister ins Spiel gebrachte Verquickung von innerer und äußerer Sicherheit, die in der Diskussion nicht hinterfragt wurde. Letzteres spricht dafür, dass eine strittige Erhöhung der Verteidigungskosten der Länder mit Bürgerbespitzelung beziehungsweise fortschreitender Überwachung einhergeht, denn das bedeutete in den letzten Jahren die Fokosierung der Bundesregierung auf innere Sicherheit. Dazu passt die jüngst eingeschränkte Reisefreiheit und die erneute Forderung nach Vorratsdatenspeicherung, die laut dem Europäischen Gerichtshof gegen den Datenschutz verstößt, aber nun wieder laut wird. Der Anschlag auf Carlie Hebdo hat die europäischen Politiker erschüttert – auch dies war der Podiumsdiskussion anzumerken. Ob eine Erhöhung der Verteidigungskosten wirklich auch die Sicherheit der Bürger erhöht, ist strittig. Wir Piraten werden kritisch die Entwicklungen verfolgen, insbesondere was anlasslose Überwachung und Verstöße gegen den Datenschutz betrifft. Dabei orientieren wir uns an unserem Wahlprogramm für die Europawahl. Dort heißt es:
“Eine gemeinsame, auf demokratischen Fundamenten fußende, europäische Außen‑ und Sicherheitspolitik muss den Menschen‑ und Bürgerrechten verpflichtet sein. Sie soll sich nicht an nationalen Einzelinteressen orientieren, sondern die Bedürfnisse aller Menschen im Blick haben.”
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervor ging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites grosses Hobby, den Amateurfunk, investiert.
Zum Thema “Defence Matters to Europe, really?” diskutierten hochkarätige Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft. Anwesend waren Frank Mattern (McKinsey), Jean-Yves Le Drian (franz. Verteidigungsminister), Dr. Thomas Enders (Airbus), John Harris...
Kommentare
2 Kommentare zu Ist Verteidigungspolitik ein Thema für Europa?
Eine Entwicklung kritisch verfolgen das kann ich tun, aber in diesem Fall sollte eine Partei wie beispielsweise die Piraten, die hoffentlich was bewirken will mehr tun, als zuzusehen. Für mich ist es ein “veraltetes System-Problem”, denn ich kann nur Ernten was ich zuvor ausgesät habe. Was es für die Piraten ist, ist mir leider unbekannt. Aalglatte Politik auch wenn sie kritisch verfolgt, fördert die Missstände die sie verfolgt. Eine Politik die nur von einem Anschlag auf den nächsten reagiert ist in jeder Hinsicht sehr bedenklich und sehr sensibel, vielleicht ein Fähnchen im Winde. Es ist unglaublich wohin sich Deutschland und eigentlich alle Länder hinbewegt haben! Ohne eine faire Beteiligung der Menschen! Bei Deutschland würde ich mir wünschen, dass es sich ausschließlich dem Frieden im eigentlichen Sinne des Wortes und der Neutralität widmen würde. Ich finde Deutschland hat aufgrund seiner bitteren Erfahrungen das Recht dazu. Eugen Drevermann und seine Rede kann ich in diesem Zusammenhang immer wieder sehr empfehlen. Für die Ukraine sehe ich das aufgrund der geografischen Lage ganz genauso. Wir leben eine Welt, welche im Vergleich zu früheren Zeiten sensationelle Möglichkeiten bietet und antworten nach alten Schablonen. Ich frage, wo bleiben die kreativen Kräften in der Politik die den Menschen wohl gesonnen sind?
Ganz meine Meinung! Es ist mir schon lange geradezu unerklärlich, wie neutral und scheinbar meinungsfrei die Außendarstellung der Piraten in Sachen Außenpolitik ist. Es gibt scheinbar noch nicht einmal einen Anlass zur Diskussion auf diesem Gebiet. Oder will man sich eine solche Diskussion sparen, weil es die eklatanten Meinungsunterschiede die es innerhalb und außerhalb der Partei zu diesem Themenfeld gibt, offenlegen würde. Mir ist – ehrlich gesagt – eine Partei die diskutiert immer lieber, als eine, die Diskussionen möglichst unterm Deckel hält. Wenn die Piraten aber lieber weiter den Deckel drauf halten wollen, bitte sehr, aber vielleicht ist das ja auch mit einer der Gründe, weshalb die Piraten in der Öffentlichkeit nicht mehr wirklich wahr- oder sollte ich sagen ernst genommen werden, weil sie meinen sich diesen “Luxus” erlauben zu können.
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