Nur 507 Mitglieder hat der 2009 gegründete Landesverband Thüringen, der mit viel Engagement um den Einzug in den Landtag kämpfte.
Ähnlich wie die Piraten aus Brandenburg hatten sich die Thüringer für Kernthemen der Piraten als Wahlkampfschwerpunkte entschieden: Chancengleichheit in der Bildung sowie Inklusion, direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung durch Volksentscheide, Transparenz und Verbesserung der medizinischen Versorgung sowie der Pflege. Die Spitzenkandidaten Alexandra Bernhardt, Bernd Schreiner, Peter Städter, Manfred Schubert, Michael Kurt Bahr, Klaus Sommerfeld und Andreas Jacob waren über das erste amtliche Ergebnis von 1,0 % vermutlich enttäuscht.
Hatten sie doch nicht nur ein umfangreiches Wahlprogramm erarbeitet, sondern auch mit verschiedenen Aktionen versucht, die Wähler zu überzeugen.
Am 3. 9. und 4.9 tourte die Spitzenkandidatin Alexandra Bernhardt mit öffentlichen Verkehrsmitteln an den südlichen Rand von Thüringen und fuhr mit interessierten Bürgern zwei Tage auf Wahlkampfradtour. So zeigte sie, dass man das Land auch hautnah erleben, die Umwelt schonen und trotzdem Wahlkampf machen kann- eben etwas anders als die Kandidaten der anderen Parteien mit ihren PKWs und Wahlkampftrucks.
Noch am 6. September feierten die Piraten aus Thüringen in Erfurt den Wahlkampfhöhepunkt mit Musik und Politik unter dem Motto “Was ändert sich, wenn Piraten im Landtag sind?” Auch der geringen Wahlbeteiligung wollten die Thüringer Piraten entgegentreten. Mit dem Slogan „Sei mutig, geh wählen“ installierten sie einen Timer auf ihrer Internetseite.
Trotz dieser guten Ideen war die Wahlbeteiligung in Thüringen mit 52 % nicht viel höher als in Sachsen.
CDU, Linke, SPD lagen bereits in den Umfragen vorne, die AfD sollte 7% bekommen. Bangen mussten die Grünen (5%), aber die FDP war ab Wahlkampfbeginn mit 3% chancenlos, denn auch in Thüringen gibt es die Sperrklausel von 5%.
Die ersten Hochrechungen um 20.50 Uhr zeigten auch in Thüringen, dass die AfD überraschend viele Stimmen erhielt, nämlich 10,6%. Die weiteren Ergebnisse: 33,6% CDU, 12,4% SPD, 28,1% Linke, 5,6% Grüne 2,5% FDP, 1,0% Piraten. Hoffentlich ergibt sich durch die Auszählung der Städte noch eine leichte Steigerung des Ergebnisses der Piraten.[Update]Inzwischen liegt das Wahlergebnis vor: CDU 33,5%, DIE LINKE 28,2%, SPD 12,4%, FDP 2,5%, Grüne 5,7%, AfD 10,6%, REP 0,2%, FW 1.7%, KPD 0,1%, NPD 3,6%, Die Partei 0.6%, Piraten 1.0%[/Update].
Interessant wird bei diesem Wahlergebnis auch die Regierungsbildung in Thüringen. Da die CDU-Spitzenkandidatin Christine Lieberknecht von Vornherein eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen hat, ergeben sich zwei Möglichkeiten: Eine schwarz-rote GoKo oder eine rot-rot-grüne Koalition. Genau dieselben Möglichkeiten also wie auch zur letzten Bundestagswahl. Im Gegensatz zur Bundespartei hat die SPD Thüringen allerdings eine Koalition mit der Linken und den Grünen nicht ausgeschlossen. Laut Spitzenkandidatin Heike Taubert will man die Sondierungsgespräche abwarten. Die nächsten Tage werden zeigen, ob Thüringen die erste rot-rot-grüne Landesregierung Deutschlands unter Führung der Linken erhalten wird.
About Christiane vom Schloß
Seit Juli 2014 Redakteurin der Flaschenpost. Bürgerliches, also nicht gewähltes Mitglied der Kreistagsfraktion Linke und Piraten in Pinneberg, Schleswig-Holstein. Parteimitglied der Linken.
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Kommentare
2 Kommentare zu Piraten erzielen nur 1,0 % bei der Landtagswahl in Thüringen
Die Piraten haben in Thüringen also in sehr kurzer Zeit ein hervorragendes Wahlergebnis von 1% erreicht.
Die FDP benötigte dafür 60 Jahre, um von der anderen Richtung in die Nähe dieser Zahl zu kommen. Die FDP hat durch interne, aber öffentlich ausgeprägte Streitereien und durch die 1 Million-Euro “Parteispende” des Hoteliergewerbes ihre Glaubwürdigkeit verloren. Vielleicht erholt sie sich von diesem Rückschlag, aber das kann einige Jahre dauern. Enttäuschte Kunden und enttäuschte Bürger sind fast nie mehr zurückzugewinnen.
Die Piratenpartei sollte also interne Streitereien vermeiden und durch faire, tolerante und respektvolle Diskussionen ersetzen. Alle Wahlen und Spenden müssen transparent und jederzeit überprüfbar sein. Das Problem wird aber erst dann voll auftreten, wenn in Zukunft Mitglieder der Piratenpartei einmal politische Ämter bekleiden und viele Lobbyisten versuchen werden, sie zu bestechen ( siehe das Schicksal FDP; es kommt dabei nicht darauf an, was rechtlich als Bestechung definiert wird, sondern was Bürger als politische Bestechung ansehen. Dazu gehören also auch lukrative Jobs in der Industrie oder in Organisationen, wenn Politiker, die politische Ämter bekleidet haben, in die Wirtschaft wechseln. )
Wenn die Piratenpartei zäh und hart für das Gemeinwohl unseres Staates arbeitet und dafür auch viele Bürger zur aktiven Mitarbeit begeistert, werden die benötigten Wählerstimmen kommen, so dass noch wirkungsvollere politische Arbeit geleistet werden kann. Aus 1% können dann bereits bei der nächsten Landtagswahl 10% werden und Ziel sollte es natürlich sein, in einigen Jahren den Ministerpräsidenten zu stellen. Ich mag zwar Napoleon nicht, wohl aber seinen Ausspruch, den er teilweise auch durch sein Handeln unterstützte: ” Jeder Soldat trägt den Marschallstab in seinem Tornister. ” Also auch hier den Fehler der FDP vermeiden, die nie versuchte, politisch so stark zu werden, dass sie einmal den Bundeskanzler stellte.
Lieber Claus, vielen Dank für deinen Kommentar. Ich persönlich Stimme mit deiner Sichtweise überein, aber natürlich hoffe ich, dass wir langfristig dazu lernen und unsere Energie nicht mehr für üble Streitigkeiten verschwenden, die uns an wesentlicher politischer Arbeit hindern.
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