
Ralf Dahrendorf (1929 – 2009) Vordenker des Liberalismus “auf dem blauen Sofa” | CC BY 2.0 Blaues Sofa 2006
Droht uns PIRATEN Gefahr von den Alten? Der SPIEGEL und andere Medien wie die FAZ berichten, dass Mitglieder des sozialliberalen Flügels der FDP sich abspalten und eine eigene neue Partei gründen wollen. Details sind noch nicht bekannt, doch für uns PIRATEN ist es eine delikate Angelegenheit. Wir sehen uns als sozialliberale Partei und haben ein junges Profil. Doch die Bevölkerung ist überwiegend im reiferen Alter, viele unserer jungen Ideen und Vorgehensweisen werden von den Medien und den Wählern als irritierend gesehen. In der Berichterstattung kommen wir derzeit nicht häufig vor, und die Reichweite des Internets ist in Deutschland bei älteren Menschen nicht so sehr gegeben, wie wir es uns wünschen. Wenn Angela Merkel davon redet, dass das Internet „Neuland“ ist, lachen wir hämisch und übersehen gerne, dass ihr viele Menschen auch zustimmen. Wir sind „digital natives“ und mit den PIRATEN versucht unsere Generation jetzt erstmals selbstständig die politische Bühne der Republik zu betreten. Dabei konzentrieren wir uns auf Netzthemen, was auch daran liegt, dass unsere Partei männlich dominiert und stark im technischen Bereich verwurzelt ist. Wenn auf der Mailingliste NRW nach dem Skandal um den Laptop, von dem die BILD berichtete, dass hier auf einem Landtagsrechner ein “Hackingtool” installiert worden war, vor allem Diskussionen um technische Gegebenheiten der Sache dominieren und kaum die politischen Dimensionen behandelt werden, dann muss man sich fragen, ob wir Probleme haben, politische Fälle zu analysieren und in ihrer sozialen und politischen Dimension einzuordnen. Ebenso ist die Frage, ob die bisherigen Wege reichen, unsere Ideen und Lösungen in die Gesellschaft zu bringen unbeantwortet. Wenn PIRATEN die “Hofberichterstattung” zum Regierungsgeschehen in Medien kritisieren, so ist dies zu kurz gedacht, da die Medien trotz aller berechtigter Kritik immer noch einen Großteil der Bevölkerung informieren, beeinflussen und damit auch gut ankommen.
Viele schlussfolgern aus dem arabischen Frühling, dass sich mit Twitter Politik machen lässt. Doch in Deutschland sind nicht so viele auf Twitter. Dies liegt auch daran, dass viele Informationen relativ frei über die Medien zu bekommen sind. In Deutschland herrscht trotz der fortschreitenden Medienkonzentration Meinungspluralismus oder zumindest wird dieser noch nicht als so gefährdet wahrgenommen, dass viele sich auf Twitter und Facebook politische unabhängige Informationen holen müssten. Die Demographie spricht auch im Wahllokal gegen unsere Partei. Ein Blick auf die Bevölkerungspyramide zeigt, dass es so viele junge Bürger nicht gibt. Dazu kommt die weitreichende Entpolitisierung dieser Generation, die zu einer grossen Nichtwählerschaft führt. Die älteren Menschen bestimmen die Politik. Ihr beherrschendes Thema ist die Rente. Dies sieht man auch in der Werbung, wo verstärkt um die finanzkräftigen älteren Menschen geworben wird. Ihre Ängste und Wünsche kommen verstärkt in der Politik an, folgerichtig werden für sie maßgeschneiderte Lösungen in Gesetze gegossen.
Wir wollen auch unserer Generation eine Stimme geben, doch brauchen wir die Erfahrung und Ideen der älteren Generation, um unsere Agenda weiter in die Gesellschaft hinein zu tragen. Es wäre zynisch, die Parole auszugeben, dass wir eines Tages auf „natürlichem Weg“ in der Mehrheit sein werden. Denn bis dahin werden viele politischen Entscheidungen nicht in unserem Sinne beeinflusst sein. Die anstehende Gründung einer zweiten sozialliberalen Partei ist ein Rückschlag für das Projekt PIRATEN. Wir haben es nicht geschafft, für enttäuschte FDP-Wähler und -Mitglieder zum Auffangbecken zu werden und den sozialliberalen Flügel der FDP für uns zu gewinnen. Doch wir sollten diese Entwicklung einer neuen sozialliberalen Partei kritisch und aufmerksam beobachten. Selbst wenn beide Parteien ähnliche Ziele formulieren und um die gleiche Klientel werben, wird die angesproche Zielgruppe sich alleine schon im Alter unterscheiden. Daher wäre es gut, wenn man früh überlegt, wie wir auf diese Herausforderung reagieren können. Eine Kooperation oder andere Formen der politischen Zusammenarbeit wären sicher überlegenswert. Die Zeit wird zeigen, ob Platz ist für eine sozialliberale Partei alter Prägung und eine für jüngere Menschen.
About Schoresch Davoodi
Schoresch Davoodi 30. Juni 1981 geboren. Studium der Politikwissenschaften und Geschichte in Bochum. Publikationen für die EPU in Stadtschlaining (Österreich). Interesse an Politik allgemein und Außenpolitik im Besonderen. Ich bin sozialliberal Eingestellt. Privat spiele ich Shadowrun und Blogge.
Kommentare
6 Kommentare zu Hat Deutschland Platz für zwei sozialliberale Parteien?
“Wir sehen uns als sozialliberale Partei”… Steile These. Denn: ein Teil der Piraten sieht sich so, ein anderer Teil eher nicht. Dazu kommen die Probleme, dieses “liberal” inhaltlich zu definieren. Die Diskussionen und Auseinandersetzungen (insbes.) des letzten Jahres so wegzuwischen und einen großen Teil der Piraten einfach auszugrenzen ist unschön – selbst wenn der momentane BuVo sich als “sozialliberal” begreift.
Dazu kommt: auch wenn Ideen des sozialliberalen bzw. Bürgerrechtsflügels der FDP teilweise kongruent mit Bürgerrechtsideen der Piraten sind, so besteht doch die Agenda der Piraten aus sehr viel mehr. Habt ihr die Netzpolitik völlig über Bord geworfen? Was ist mit den viel weitgehenderen sozialen Konzepten wie BGE? Oder anderen Ansätzen der gesellschaftlichen Teilhabe wie fahrscheinloser ÖPNV? Freigabe von Drogen? Neue Bildungspolitik? Modernisierung von Urheberrecht und Patent(un)wesen?
Nein, eine FSPD macht uns inhaltlich keine Konkurrenz, wenn wir es endlich wieder schaffen, flügelübergreifend zusammenzuarbeiten und unsere Ideen und Ziele so zu kommunizieren, dass auch Oma sie versteht.
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass der Autor nicht gemerkt hat, Piraten meinen mit liberal nicht wirtschaftsliberal wie die FDP.
Gesellschaftspolitisch liberal, wirtschaftspolitisch sozial. So sehe ich die Piraten bzw. wünsche ich sie mir. Allerdings habe ich den Eindruck, dass genau das auch die Abspalter in der FDP wollen, Schoresch also das ganz richtig sieht.
ja die piraten..ich hatte große hoffnung das dei piraten eine echte sozialliberale alternative sind.gute themen,gute grundsätze ,teilweise neue tolle liberale ideen..aber man zerfleischt sich ständig auf kosten dieser ideen.das ist für mich sehr ,sehr schade.ich habe aber auch keine ahnung wie man das ändert. vieleicht ist die neugründung einer sozialliberalen partei auch eine chance für die piraten einen nächste schritt zu wagen..vieleicht die erfahrungen der jungen piraten und der alten sozialliberalen zusammen.vieleicht sollten die piraten eine sache beenden,welche vieleicht schon vorbei ist und die tollen liberalen,demokratischen und sozialen ideen mit der neuen liberalsozialen partei gemeinsam gehen..und im sinne der ideen auf parteiengemetzel endlich mal verzichten..das frankfurter kollegium war da eigentlich mal meine große hoffnung….die sozial-liberalen ,demokratischen ideen und deren umsetzung sind wichtiger als alte parteistrukturen und grabenkämpfe unter sich..ich wünsche dem sozialliberal-demokratischen bürgern endlich mal wieder einen ruck nach vorn..in dem sinne liebe piraten entern und ein neues schiff bauen was auch wirklich fahren kann..viel erfolg!!!!!
…Hach Gottchen, Ihr seid so weit weg von einer sozialliberalen Partei, dass könnt ihr Euch kaum vorstellen. Ihr habt Euch in die breite Riege der linken Parteien eingereiht und uch dadurch überflüssig gemacht. In sofer, Ihr Dodos….viel Glück!
Ich denke umgekehrt, dass diese neue Partei keinerlei Chancen hat, das ist doch alles schon abgedeckt durch bestehende Parteien. “Sozial” durch SPD, Linke, Piraten, Grüne und neuerdings auch CDU/CSU; “liberal” durch FDP, AfD, Piraten. Also keine Chance, die 0.1%-Hürde zu überspringen.
Es können keine neuen Kommentare mehr abgegeben werden.