Ein Gastbeitrag von Christophe Chan Hin und Michael Gerhold.
Zwei steile Thesen über die Piraten, die wir überprüfen wollen:
- Die vermeintlich unterschiedlichen Lager innerhalb der Partei unterscheiden sich nur in eng umgrenzten Bereichen. Die PIRATEN sind fähig, die Gemeinsamkeiten zu erkennen. Sie können unterschiedliche Sichtweisen als Potential nutzen, um in die Zukunft gerichtete Politik zu machen, die gerade auf Grund der vielfältigen Sichtweisen so von keiner anderen Partei gemacht werden kann. Dass die Inhalte, die nun im Programm stehen, eine Mehrheit auf Bundesparteitagen fanden, ist ein Indiz dafür, dass die PIRATEN mehrheitlich gemeinsame Ziele verfolgen.
- Der Wunsch, sich innerhalb der Partei unter verschiedenen Labeln zu versammeln, entstand durch Ängste. Auf der einen Seite besteht die Angst, dass Themen gesetzt werden, für die man nicht in der Partei ist. Auf der anderen Seite befürchtet man, dass ein politisches Lager für sich allein die Kernthemen beansprucht, und die eigene Arbeit und Identifikation mit diesen nicht anerkannt wird.
Stell Dir vor, Du würdest gefragt:
Wie würde eine Piratenpartei aussehen, in der wir uns unterstützen, statt uns gegenseitig anzugehen? Könnten die PIRATEN nicht viel mehr Menschen außerhalb der Partei erreichen, wenn die Mitglieder der verschiedenen Strömungen unser Programm an die Menschen kommunizieren, die sie am besten verstehen? Durch Pluralismus innerhalb der Partei schaffen wir viele und glaubwürdige Schnittstellen mit der Bevölkerung.
Wenn die Piraten der unterschiedlichen Strömungen konstruktiv und entspannt miteinander umgehen, wird es möglich, unsere Positionen und Ziele offensiver und provokanter nach außen zu vertreten. Wir können, bevor wir an die Öffentlichkeit gehen, parteiintern klären, wie zum Beispiel Kampagnen von den vielfältigen Standpunkten der Mitglieder aus wahrgenommen werden. Da unsere Grundannahme ist, dass sich die Strömungen in der Partei viel ähnlicher sind, als dies bisher wahrgenommen wird, erweitern sich unsere Handlungsmöglichkeiten. Dies kann einen enormen Schub für die Partei auslösen.
Unser Vorschlag: Lasst uns die steilen Thesen überprüfen! Warum steht die Pille danach im Programm? Wie lauten die Argumentationen dafür aus unterschiedlichen Sichtweisen? Wo liegen die Gemeinsamkeiten im vermeintlich Gegensätzlichen? Und welche Gegensätze gibt es tatsächlich? Unser Vorschlag zur Überprüfung der Thesen ist eine Konferenz. Wir nennen sie Matchcon. Eine Veranstaltung, auf der wir uns die Gemeinsamkeiten und tatsächlichen Differenzen bewusst machen.
Noch wissen wir nicht, wann und wo diese Konferenz stattfindet. Für jede Unterstützung, die die Realisierung sowohl inhaltlich als auch organisatorisch vorantreibt, sind wir daher sehr dankbar.
Damit wir herausfinden können, was in den verschiedenen Strömungen gedacht wird, lauten unsere ersten Fragen an euch:
Was nervt euch so an »anderen« Strömungen in der Partei? Welche Sorgen und Ängste habt ihr auf Grund »anderer« Strömungen?
Schreibt uns! Christophe und Michamo
Kommentare
8 Kommentare zu Matchcon – Die Pille danach
Kurze und knappe Antwort. Mich persönlich nervt, dass übereinander und nicht miteinander geredet wird. Auf dieser Grundlage gibt es keine echte zielführende Diskussion. Angst habe ich nicht, allerdings befürchte ich, dass einzelne Personen oder Gruppen einen “Wahrheitsanspruch” haben. Das führt schnell zum Dogmatismus und befördert das was mich nervt. Ein Teufelskreis ist das. Wir müssen miteinander reden!
Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen. Das Problem der Piraten ist die mangelnde Sozialkompetenz: verbal holzen und heulen wenn zurückgeholzt wird.
Dem muss ich mal grundsätzlich widersprechen. Ja, (nahezu) alle Piraten haben ein Feld gemeinsamer Ansichten. Ja, dieses Feld befindet sich nach der klassischen Ansicht auf der linken Seite des Parteienspektrums. Nein, wir haben damit keine gemeinsame Grundlage der Zusammenarbeit, das haben die vergangenen Monate leider schmerzlich gezeigt.
Begründung: Jeder für sich hat natürlich auch Ansichten und Überzeugungen die über dieses gemeinsame Feld hinausgehen. Daran ist zunächst einmal nichts auszusetzen, in einem bestimmten Rahmen ist das völlig normal und in der Regel auszuhalten. Anne Helm und vor allem die Reaktionen ihrer Unterstützer in der Folgezeit haben jedoch gezeigt, dass einzelne Grüppchen der Piratenpartei offenbar Überzeugungen haben, die außerhalb von dem sind, was ich akzeptieren kann. Ich bin kein “Kerni” im engeren Sinn und es geht mir nicht darum, dass etwas außerhalb dieses Kerns gemacht wird. Es geht darum, dass diese Gruppen nach allem was man die letzten Monate erlebt hat eine Überzeugung haben die mit der “freiheitlich demokratischen Grundordnung” nicht vereinbar ist und daher teilweise sogar offen von diesen abgelehnt wird. Da für mich die fdGo jedoch zum absoluten Kern meiner eigenen Überzeugung gehört, ist zwischen mir und diesen Gruppen somit eine unüberwindliche Kluft entstanden die sich mit allem Reden der Welt nicht mehr schließen lässt. Weder werde ich durch irgendwelche Argumente zum fanatischen Linksextremisten werden der den Staat zerstören will noch werden sich die entsprechenden Gruppen so glaubhaft von ihrer Agenda verabschieden können, dass ich ihnen je wieder trauen werde.
Es ist schade, dass es so weit gekommen ist denn einzelne Programmpunkte die von diesen Leuten in die Piraten hineingetragen wurden, halte ich absolut für unterstützenswert. Aber es gibt eben auch andere Punkte welche von ihnen durchgedrückt wurden welche der Partei wahrscheinlich den Untergang gebracht hat. Als jemand dem die Piraten am Herzen liegen (bzw lagen?) kann ich ihnen das nicht verzeihen…
+1 zu dem, was Marco sagt.
Dann gibt es noch welche, die wollen einen implizit zwingen, sich ihrer Meinung anzuschließen. Weil sie ja so extrem Recht haben oder ihr Anliegen so unendlich wichtig ist oder so. Das ist leider so diskussionshemmend, dass ich da keine Zeit investieren will.
Und noch etwas drittes: Ich bin mittlerweile überzeugt, dass es unter den Piraten Menschen gibt, die nur gezielt stören wollen. Denen geht es überhaupt nicht um ihre Ziele oder irgendwelche Ziele, denen geht es um Aufmerksamkeit oder darum, andere einfach nur zu beschäftigen. Mit denen zu reden bringt nichts, kostet nur Zeit und Nerven. Und wenn genau das deren Ziel ist, dann wäre es ein fataler Fehler, sich weiter mit ihnen zu beschäftigen.
Meine Zeit ist begrenzt. So schön das Ziel auch sein mag, ich KANN nicht jedem zuhören. Vor allem nicht jenen, die ewig lange Sätze ohne Inhalt produzieren.
Mit extremen Reaktionen kommt keiner weiter. Ich kann Christophe Chan Hin nur zustimmen, dass es vorrangig um die gemeinsamen Ziele der PIRATENPARTEI geht. Eines unserer gemeinsamen Werte ist die korrekte Demokratie und so wie wir unsere bisherigen Werte gemeinsam beschlossen haben, wird auch dieser Beschluss der Parteimitglieder ein Wegweiser sein. Letztlich müssen wir dann an einem Strang ziehen. Diese spätpubertären Streitereien und Selbstdarstellungsbedürfnisse einzelner bringen die Partei offensichtlich nicht weiter. Die gemeinsame Stärke und die gemeinsamen Werte der Partei sind bei weitem wichtiger als ein verletztes Ego, das sich mehrheitlichen Beschlüssen beugen muss. Es handelt sich bei uns ja schließlich nicht um Klone. Logisch, dass unterschiedliche Meinungen existieren. Hier dann beleidigt auszutreten entspricht Kindergarten-Niveau. Mehr Gelassenheit und Coolnes bringt uns weiter als diese ewige Besserwisserei.
Was mich nervt? Die Tatsache, dass eine Seite fordert, dass Meinungsfreiheit nur für die gilt, die ihre Meinung teilen. Dass jeder, der es wagt diese Gruppe kritisch zu hinterfragen, als “Nazi” oder mindestens als “Rechter” beleidigt wird. Dass diese Gruppe Mobbing-Listen Andersdenkender veröffentlicht und durch Spamblocking versucht, Accounts Andersdenkender sperren zu lassen. Dass Gewalt gegen Andersdenkende nicht nur geduldet, sondern auch gefordert wird. Dass diese Gruppe das diskriminierende Gendersprech nicht nur fordert, sondern durch die Hintertür bereits eingeführt hat, obwohl wir uns mal einig waren, dass das Geschlecht von Menschen keine Rolle spielt.
Toleranz und Kompromissbereitschaft! Viele sind in die Partei eingetreten, weil sie grundsätzliche Übereinstimmungen mit den Idealen der Piratenpartei haben. Niemand dürfte eingetreten sein, weil er 100% mit allem übereinstimmt. Wir sollten uns darauf besinnen, dass eine Partei immer ein Kompromiss zwischen ähnlich denkenden Menschen ist, die sich darauf geeinigt haben Ziele, die innerhalb der Partei eine Mehrheit finden, gemeinsam nach außen hin zu vertreten. Das dabei auch Dinge vertreten werden, denn nicht jeder 100% beipflichten kann, liegt in der Natur des Menschen und jeder einzelne Pirat muss die Toleranz mitbringen, das zu akzeptieren.
Was die Piraten kollektiv sind, bestimmt das demokratisch abgestimmte Parteiprogramm. Der soziale Aspekt ist bei den PIRATEN programmatisch noch sehr bruchstückhaft ausgeprägt (Mindestlohn, BGE etc.). Insbesondere fehlt ein soziales Steuerkonzept. Umso weniger kann man diesen Aspekt (und darauf aufgebaut eine ganze “linke” Weltanschauung) zum alleinigen oder Hauptschwerpunkt der PIRATEN erklären, wie es dreist gemacht wurde. Die PIRATEN sind zuallererst eine Partei der Freiheit und der Bürgerrechte! Leute, holt euch eure Partei zurück!
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