
Armut in Lübeck | CC BY-SA 2.0 Jean Pierre Hintze
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) berichtet über die Zunehmende Verarmung der Menschen in Europa. Dies wird durch die Sparbemühungen zur Rettung des Euros hervorgerufen. Den ganzen Bericht findet man auf Englisch auf der Seite der Agentur.
Der Bericht kritisiert, dass durch die Sparmaßnahmen im sozialen Bereich viele neue soziale Probleme in Europa entstanden sind. Gerade der jungen Generation fehlt außerhalb von Deutschland eine soziale Perspektive. Deutschland versucht mit seiner Politik des billigen Exports zu überleben. Dabei würgt es die Industrie in den anderen europäischen Staaten ab. Zwischen 2007 und 2012 hat die Kinderarmut in 19 der 28 Ländern der EU zugenommen, so der Bericht des ILO. Der Bericht kritisiert, dass viele Staaten – wie auch Deutschland – die Risiken der Rente auf die Betroffenen übertragen haben. Er meldet, dass in 14 Staaten Europas die Renten der Zukunft geringer sein werden. Lobend weist der Bericht auf Südamerika hin, wo dem Bericht nach die Rente wieder mehr in staatliche Hände gelegt wird. Viele Staaten haben Fiskalanpassungen durchgeführt, die sich nicht nur auf Europa beschränken und ihre Ausgaben wieder auf einem Niveau, welches unter den Krisenjahren liegt, beschlossen.
Dies führt zu sozialen Spannungen, auch in den Entwicklungsländern, in denen Nahrungsmittelsubventionen und andere Dienstleistungen vom Staat auf Druck der Geldgeber hin gestrichen werden. Es zeichnet sich eine Entwicklung ab, dass Staaten mit hohen Einkommen – wie die Staaten der EU – ihre sozialen Sicherungssysteme beschneiden, während Entwicklungsländer diese eher ausweiten. Diese Maßnahmen in der EU haben zu mehr Armut und sozialer Ausgrenzung geführt. 24 Prozent der Bevölkerung in der EU, vor allem Kinder, Frauen und Personen mit Behinderungen wie auch Ältere, sind davon betroffen. Die Weigerung Deutschlands, den sozialen Bereich auszubauen, mit Verweis auf die Wünsche der Industrie und die Hartz-Gesetze, täuscht darüber hinweg, dass diese zu großen sozialen Spannungen in der deutschen Gesellschaft geführt haben. Die in der Bevölkerung verbreitete Meinung “Wer nicht arbeiten kann, ist nichts wert”, lässt radikale Parteien wie die AfD an Einfluss gewinnen. Diese wollen einen noch radikaleren Markt haben und fordern noch größere Einschnitte ins jetzt schon löchrige, soziale Netz. Jetzt schon häufen sich Berichte, wonach viele Arbeitnehmer sich einst normale Dinge wie Urlaub nicht mehr leisten können, die für viele Menschen in Deutschland als selbstverständlich gesehen werden – oder bisher als selbstverständlich gesehen wurden. Die soziale Schere geht weiter auseinander und führt zu sozialen Verwerfungen. Wenn man sich die Wählerschaft der AfD ansieht, stellt man fest, dass – wenn man der Meinung des Forsa-Chefs glauben mag – diese aus dem Milieu stammt, welches vorher mit den Republikanern unter Schönhuber sympathisiert hat. So nennt es ein Bericht in der WELT.
Diese Menschen stimmen nicht mit der Wählerschaft der Piraten überein! Dennoch müssen wir mit der AfD um die Mitte der Bevölkerung streiten. Politisch verfolgt die AfD einen Wirtschaftsliberalismus, während wir PIRATEN uns um liberale Werte und soziale Gerechtigkeit Sorgen machen. Die AfD ist sozusagen der „natürliche Gegner“ der PIRATEN. Gleichzeitig müssen wir unsere sozialen Themen nach vorne bringen. Unser Ziel von einem bedingungslosen Grundeinkommen muss in den Zeiten eines Europas der Krise offensiv verkauft werden. Wir PIRATEN müssen für ein sozialliberales Gesamtkonzept stehen, welches es durch Kampagnen und politische Statements mit Leben zu erfüllen gilt. Die Zeit nach dem Parteitag in Halle gibt uns die Chance, über unsere gewonnenen Kommunalmandate nahe am Bürger für unsere Ziele zu werben. Dabei müssen wir die Bundespolitik im Kleinen direkt den Menschen näherbringen. Das muss zentral und professionell gesteuert werden und dazu muss die Partei professioneller werden, ohne ihren Pluralismus zu verlieren. Dazu braucht es Willen und die richtigen Köpfe. Der Parteitag kann der erste Schritt in die richtige Richtung sein. Wir PIRATEN wollen etwas ändern. Dies geht aber nur, wenn wir mitregieren und dafür brauchen wir das Mandat der Wähler. Daher müssen wir ihre Probleme sehen, uns für diese einsetzen und dabei auch auf die Bürger zu gehen, welche nicht zu den Digital Natives gehören. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Gesellschaft in Deutschland alt ist und ohne Zuwanderung immer älter wird.
About Schoresch Davoodi
Schoresch Davoodi 30. Juni 1981 geboren. Studium der Politikwissenschaften und Geschichte in Bochum. Publikationen für die EPU in Stadtschlaining (Österreich). Interesse an Politik allgemein und Außenpolitik im Besonderen. Ich bin sozialliberal Eingestellt. Privat spiele ich Shadowrun und Blogge.
Kommentare
3 Kommentare zu Warum die soziale Frage uns Piraten etwas angeht!
Richtiges und Falsches Ja, die soziale Schere geht weiter auseinander. Nein, die AfD ist nicht unser natürlicher Gegner, sie fischt am rechten Rand, wird eher zum Problem für die CDU. Ja, wir müssen die Probleme der Bürger sehen und auf sie zugehen. Nein, wir müssen nicht mitregieren, sondern als konstruktive Bürgeropposition (wo wir in den Parlamenten sind) die Bürger motivieren für ihre Interessen selbst aktiv zu werden. Ja, wir stellen mit unserer BGE-Forderung ein Ziel auf, das sich nur gegen den hartnäckigsten Widerstand derjenigen durchsetzen lässt, die von der Spreizung der sozialen Schere profitieren. Nein, deshalb streiten wir nicht um die Mitte der Bevölkerung, sondern wollen die gewinnen, die eine radikaldemokratische ud grundlegende Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse wollen.
Es kann sehr leicht die Konstellation entstehen, dass Piraten mit einer Partei wie zB der AfD zusammenarbeiten muessen – besonders in Europa. Dies waere per se auch nichts Schlimmes, es sei denn, die AfD mutiert ins Rechtsextreme. Dafuer fehlen m.E. bisher aber konkrete Anzeichen. Nur konservativer ud konsequenter zu sein als die ziemlich weichgespuelte CDU heisst ja noch nicht, dass man rechtsradikal sein muss. Dies aber zu behaupten, ist das Einfachste und ersetzt (so die Ueberlegung der CDU) Argumente.
Hier kann man sehr gut eine Parallele zur SPD ziehen, die jahrelang versucht hat, Parteien links von ihr als kommunistisch unterwandert zu verteufeln, um Argumenten auszuweichen. Hat nicht funktioniert, wie jeder weiss – und bei der CDU wird es mit der Verteufelung der AfD, so, wie diese sich z Zt dastellt, auch nicht klappen.
Warum sollten die Piraten hier also Beruehrungsaengste haben ?
Ich sehe die AfD als Gesmatpartei derzeit auch nicht als rechtsextrem (ich verstehe darunter rassistisch revanchistisch)an. Einzelne Mitglieder mögen so eingestellt sein, aber Spinner gibt es in jeder Partei … Hier muss man erstmal die Entwicklung abwarten. Der Vorwurf des Rechtsextremismus ist deshalb zu billig und kann nicht Sachargumente ersetzen. Das wirkliche Problem mit der AfD ist, dass diese wirtschaftsliberal, d.h. – provokant formuliert – asozial ist.
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