Überhaupt ist der ganze Themenbereich voll von in der Rhetorikforschung sogenannten Topoi, das sind im weitesten Sinne Argumente, die von beiden Seiten gleichermaßen genutzt werden können. Das zeigt die große Ambivalenz, die dieser Diskussion innewohnt. Ein solcher Topos ist unter anderem, dass die Quoten nun auch in der Piratenpartei angekommen sind. Während die Pro-Seite das mit dem Wort “endlich” befürwortet, hält die Contra-Seite das für ein Einbrechen der “Postgender”-Definition der Piratenpartei.
Auf jeden Fall sind die Argumente beider Seiten durchaus stichhaltig und einer Betrachtung wert. Deshalb auf den folgenden Seiten jeweils eine Pro- und eine Contra-Argumentation zum Thema “Die Frauenquote in der Piratenpartei”.
PRO (geschrieben von @astefanowitsch)
An der Frauenquote scheiden sich die Geister in der Piratenpartei so heftig, wie an kaum einem anderen Thema. Für die einen ist die Quote eine Beschränkung innerparteilicher Demokratie, ein Festhalten an traditionellen, längst überwunden geglaubten Geschlechterrollen und ein Vorwurf an Frauen in der Partei, Ämter und Mandate nicht aus eigener Kraft erreichen zu können. Für die anderen (zu denen ich zähle), ist sie nicht etwa Selbstzweck feministischer Politik oder Lösung sämtlicher Probleme, sondern eine brachiale, aber unvermeidliche Konsequenz aus der überfälligen Einsicht, dass die parteiinternen Strukturen der Piratenpartei nicht außerhalb gesellschaftlicher Strukturen existieren und deshalb deren Ungleichheiten abbilden.
In diesem Beitrag greife ich drei in der aktuellen Diskussion besonders wichtige Aspekte dieses natürlich sehr viel komplexeren Themas auf. Ein Punkt, den ich bewusst außer Acht lasse, ist die Frage nach Quoten für andere Bevölkerungsgruppen. Die Argumente für eine Frauenquote lassen sich grundsätzlich auch auf Quoten für andere Gruppen übertragen und es ist sinnvoll, das zu diskutieren. Allerdings ist es kein Argument gegen eine Frauenquote, dass in Bezug auf andere Gruppen möglicherweise ebenfalls Handlungsbedarf besteht.
Quoten haben nicht das Ziel, Schwachen zu helfen oder Menschen für Diskriminierung zu entschädigen. Sie haben das Ziel, dort Repräsentativität herzustellen, wo das freie Spiel der Kräfte das nicht tut. Es ist eine offenkundige Tatsache, dass die demokratischen Prozesse in der Piratenpartei nicht dazu geführt haben, dass ihre Mitgliederstruktur, ihre Gremien oder ihre Wahllisten in Bezug auf das Geschlecht auch nur annäherungsweise die Verhältnisse in der Bevölkerung abbilden. Während Frauen etwas über fünfzig Prozent der Bevölkerung (und übrigens auch der Wählerschaft der Piratenpartei) ausmachen, stellen sie nach realistischen Schätzungen bestenfalls 20 Prozent der Mitglieder und deutlich weniger als zwanzig Prozent der Mandatsträger/innen. Das wäre ein Problem für jede Organisation, die die Gesellschaft mitgestalten will. Es ist ein besonderes Problem für eine Partei, deren Selbstverständnis auf der Idee einer breiten Beteiligung an politischen Prozessen beruht. Dabei spielt es keine Rolle, warum Frauen in der Partei und ihren Strukturen unterrepräsentiert sind – ob es etwa an einem strukturellen Sexismus liegt, den wir alle verinnerlicht haben, ohne uns seiner bewusst zu sein, oder an einem mangelnden Interesse von Frauen an den Themen der Piratenpartei. Vieles deutet auf erstere Erklärung hin, denn für einen unbewussten und verinnerlichten Sexismus gibt es in der sozialpsychologischen Forschung überzeugende Belege, während die Tatsache, dass die Wählerschaft der Piratenpartei etwa zur Hälfte aus Frauen besteht, dagegen spricht, dass es an den Themen liegt.
Ein angenehmer Nebeneffekt der Frauenquote wäre, dass sie in einer Art Rückkoppelungseffekt dazu führen würde, mehr Frauen für die Mitarbeit in der Piratenpartei zu gewinnen. Aus der sozialpsychologischen Forschung wissen wir, dass Frauen sich tendenziell ungern in Situationen begeben, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Eine Frauenquote würde also zunächst auf die Mitgliederstruktur der Piratenpartei bezogen zu einer Überrepräsentation von Frauen in Ämtern und Mandaten führen, aber das hätte dann zur Folge, dass Frauen sich stärker für eine Mitarbeit auch in der Basis der Partei interessieren würden. Eine Quote wäre also nicht nur eine kurzfristige Lösung, um für eine angemessene Vertretung von Frauen in den Strukturen und Institutionen der Piratenpartei zu sorgen. Sie würde mittelfristig dazu beitragen, den Anteil an Frauen in der Partei nachhaltig zu erhöhen und eine Quote irgendwann wieder überflüssig zu machen.
Die Einführung einer Frauenquote bedeutet nicht, traditionelle Geschlechterrollen zu bestätigen oder zu verfestigen. Sie bedeutet nur, anzuerkennen, dass die Kategorie Geschlecht in unserer Gesellschaft (und in unseren Köpfen) wirksam ist – wäre sie es nicht, gäbe es die eingangs erwähnte Unterrepräsentation von Frauen nicht. Es mag sein, dass die Piratenpartei im Sinne des oft zitierten, nie irgendwo beschlossenen „Postgender“-Gedankens auf eine Gesellschaftsordnung hinarbeitet, in der die Kategorie Geschlecht keine Rolle mehr spielt. Aber zu einer solchen Gesellschaft gelangen wir nicht, indem wir die real existierende Ungleichbehandlung von Männern und Frauen im Stil eines sprichwörtlich gewordenen ehemaligen Kanzleramtsministers für beendet erklären und vor der Überrepräsentation von Männern die Augen verschließen. Zu einer solchen Gesellschaft gelangen wir nur, indem wir die Ungleichbehandlung tatsächlich beenden. Und da in den sieben Jahren der Existenz der Partei niemandem eine bessere Lösung zu einer solchen Beendigung eingefallen ist, könnte es an der Zeit sein, der Frauenquote eine Chance zu geben – als Brückentechnologie in eine Zukunft ohne Quoten.
CONTRA (geschrieben von @H3rmi @dyfustic und @Scaramouche1989)
Obwohl die Quote im Vorfeld des letzten Bundesparteitags das dominierende Thema war, wurde am Ende nicht einmal darüber abgestimmt. Die Piraten gingen ohne Quote, aber mit vier Frauen im Bundesvorstand (BuVo) nach Hause, und alle waren glücklich. Wir scheinen doch immer noch ein gemeinsames, richtiges und wichtiges Ziel zu haben: die Gleichberechtigung aller Geschlechter. Die BuVo-Wahlen haben gezeigt, wie das geht – einfach kompetente Frauen wählen. Aber ein bitterer Beigeschmack bleibt, nicht zuletzt durch Tweets wie “Unser Plan hat funktioniert: Die #Piraten haben aus Angst vor einer Frauenquote 50% Frauen in den #BuVo gewählt” oder “Ich habe einfach aus Prinzip nur Frauen gewählt und war auch mit Sicherheit nicht der-die-das Einzige. Quote selbstgemacht.” Diese Tweets zeigen, weshalb viele Frauen die Quote ablehnen: Sie wollen nicht gewählt werden, weil sie Frauen sind, sondern weil sie kompetent sind. Weil sie Menschen von sich überzeugen konnten. Weil sie sich den Wahlsieg erkämpft haben. Nicht weil sie zufällig über die richtigen Geschlechtsorgane verfügen.
Eine Quote betont die Unterschiede der Geschlechter, die wir doch eigentlich zu überwinden versuchen, und sie strebt eine Gleichberechtigung an, die Männer diskriminiert, Frauen bevorzugt und Menschen, die ihr Geschlecht nicht festlegen möchten, völlig außen vor lässt.
Tatsächlich wirken Quoten sich dort, wo sie existieren, wenig positiv oder sogar deutlich negativ auf Gleichberechtigung aus. Paradebeispiel dafür ist Norwegen, das 2011 als erstes Land der Welt eine Frauenquote von 40% in Aufsichtsräten einführte. Das angebliche Erfolgsmodell kann bei näherem Hinsehen jedoch kaum Erfolge vorweisen: Die berühmte „gläserne Decke“ wurde nicht durchbrochen, weil die entscheidenden Posten, die Vorstände, weiterhin hauptsächlich mit Männern besetzt werden. Die Quote in Aufsichtsräten liegt nach wie vor nicht höher als bei den gesetzlich geforderten 40%. Frauen stehen am Rande des Burnouts, weil sie aus reinem Personalmangel bis zu acht Aufsichtsratposten gleichzeitig besetzen müssen, und werden dafür noch als „Goldene Röcke” diskreditiert. Somit wird das eigentliche Problem, dass Frauen bei gleicher Bezahlung und geringerer Anerkennung mehr arbeiten müssen, durch die Quote nur noch verstärkt.
Gesamtgesellschaftlich betrachtet ist die Frauenquote besonders interessant: Warum sollten Frauen, die die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, als besonders schützenswert gelten? Unter diesem Gesichtspunkt müsste man zunächst Quoten für alle tatsächlichen Minderheiten einführen, die weitaus häufiger Opfer von Benachteiligung und Intoleranz sind als Frauen. Sowieso war doch lange Jahre der „besondere Schutz“ die Rechtfertigung dafür, Frauen in ihren beruflichen Ambitionen zu bevormunden.Frauen mögen für ihren Bevölkerungsanteil zu wenig in Aufsichtsräten vertreten sein, aber das ist nicht der einzige Bereich, in dem es ein Ungleichgewicht von männlichen und weiblichen Berufstätigen gibt. Schreit irgendjemand nach einer Männerquote in Friseursalons, Blumenläden oder Kosmetikstudios, weil Männer dort zu wenig sichtbar seien? Wird etwa lautstark eine Frauenquote auf dem Bau, bei der Bundeswehr oder in der IT gefordert? Nein. Dabei wäre doch gerade da ein wunderbarer Ansatzpunkt, den Gedanken der Gleichberechtigung in die Köpfe der Menschen zu bringen.
Seien wir ehrlich, der Fokus auf Aufsichtsräte und DAX-Unternehmen ist rein symbolisch. In Deutschland gibt es ca. 35 Millionen abhängig Erwerbstätige. Davon arbeiten 3,5 Millionen Menschen in DAX-Unternehmen, also 10%. Arbeiten in Deutschland so wenig Frauen, dass nur Aufsichtsräte in DAX-Konzernen eine relevante Stellgröße für Chancengleichheit sind? Übrigens werden Aufsichtsratsposten in wesentlichen Anteilen durch (ehemalige) Parlamentsabgeordnete bekleidet, und zufällig wurde im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD eine 30%-Quote für Aufsichtsräte vereinbart. Wir reden hier übrigens von etwa 1.600 Aufsichtsratsposten in deutschen DAX-Unternehmen – und das im Verhältnis zu 35 Millionen Jobs! Zu ca. 16,7 Millionen abhängig beschäftigten Frauen, wovon 45% in Teilzeit arbeiten! Wo hilft da eine Quote in Aufsichtsräten, die Berufschancen von Frauen in “normalen” Berufen zu verbessern?
Ähnlich düster ist die Prognose einer Quote für die Piraten. Eine Quote weckt die klassische Geschlechterverteilung, die unsere Partei schon überwunden hatte. Postgender ist aus Sicht der Autorinnen nicht gescheitert – haben wir doch am eigenen Leib erfahren, dass wir gerade in der Piratenpartei und ihrem “nerdigen” Umfeld einfach Menschen sein konnten. Unser Geschlecht spielte keine Rolle, bis es thematisiert wurde, und das durch genau die Personengruppe, die sich für unsere Gleichberechtigung einsetzen möchte. An dieser Stelle soll gesagt werden: Wir fühlen uns bereits gleichberechtigt! Eine Frauenquote für Vorstände würde aus unserer Sicht nicht nur die Kompetenz unserer weiblichen Vorstände mit Füßen treten, die es zuvor aus eigener Kraft an die Spitze geschafft hatten und Frauen bevormunden, die lieber abseits des Vorstandes Projekte verfolgen. Die Quote würde auch von der zahlenmäßigen Minderheit der Frauen wesentlich mehr Leistung fordern, um dasselbe Soll zu erfüllen wie die Mehrheit ihrer männlichen Kollegen – nur um dann eine Art formale, symbolische Gleichberechtigung zu erreichen, die gefühlt bereits vorhanden ist.
Dabei haben wir eigentlich das Ideal, alle Menschen gleichermaßen wertzuschätzen. Das merkt man an den verbalen Verrenkungen, die bei Quotenanträgen mitschwingen. Ein Anteil von „Frauen“ würde diese auf ihre Geschlechtsorgane reduzieren. Ein Anteil von „Frauen und Menschen, die sich nicht als Mann identifizieren“ drückt womöglich den tatsächlichen Frauenanteil bis auf null. Wenn man es schon nicht aussprechen kann, sollte man es einfach sein lassen.
Kommentare
10 Kommentare zu Quoten – Pro und Contra
1) Representativität: Was ist mit den Menschen mit Behinderung (10%), Migranten (25%), Homosexuellen und Polyamoristinnen? Warum bekommen die keine Quoten?
2) Frauenanteil erhöhen: Das ist kein Wert an sich. Man macht dort mit, wo es einem gefällt und welche Themen einem zusagen. Wäre es anders, hätten konsequent durchgegenderte Parteien wie Grüne und Linke (mit sogar quotierten Redelisten) nicht auch nur einen Frauenanteil von um die 35%.
3) Patriarchat: Das besteht in Deutschland aus der Bertelsmann-Chefin Liz Mohn,der Springer-Eigentümerin Fride Springer und der Bundeskanzlerin Merkel. Die drei zusammen bestimmen, wo es langgeht, wie es publiziert wird und das die Abgeordneten spuren.
Die Quote ist ein Werkzeug. Nichts weiter. Es ist allerdings auch ein brachiales Werkzeug, ein dicker Hammer, der nur verwendetet wird, wenn sonst nix geht. Wer die Quote verhindern will, der möge sie durch gleichstellende Regelungen überflüssig machen. “Argumente” dagegen reichen da nicht und Anti-Quoten-Anträge sind so ziemlich das Blödeste was Piraten je erfunden haben. Ein schönes Beispiel für eine Maßnahme ohne Quote: Ein Orchester hat sich gewundert hat, daß fast nur Männer da sind, obwohl sich genauso viel Frauen bewerben. Spielen Frauen schlechter Geige als Männer? Man hat nun beschlossen, daß Bewerber hinter einem Vorhang spielen, sodaß die Juroren nur das Spiel, nicht aber die Person beurteilen konnten. Oh Wunder, mehr als die Hälft der ausgewählten waren nun Frauen. Der Sexismus ist in unseren Köpfen (in fast(?) allen!) und dieser Sexismus bewertet mit; bei Wahlen, Beförderungen, Übertragung von Aufgaben, Berufswahl usw. Wir wissen nicht ganz genau, warum die Juroren vorher keine Frauen gewählt haben, wir wissen nur ganz sicher, daß es nicht an der Kompetenz lag, sondern daß es was mit dem Geschlecht zu tun hat!
Ich kann auch diese “verharmlosenden” Argumente nicht mehr hören, wie z.B. daß es nur ein paar DAX-Vorstände gibt, und das wäre doch da nicht wichtig. Das mögen wenige sein, aber die haben das Sagen! Im übrigen geht es nicht um Gleichberechtigung sondern um Gleichstellung. Gleichberechtigung haben wir schon seit 40 Jahren.
In der Quotendebatte würde ich mir wünschen, daß die Quote im jeweiligen Kontext diskutiert wird. Eine Quote für einen Piratenvorstand ist was ganz anderes als ein Quote für einen DAX-Vostand oder für eine Landesliste zur Bundestagswahl. Und eine Quote für BuVo ist was anders als für einen KVo. Wenn Quoten gebraucht werden, sollten sie nicht “hart” sein (z.B. mindestens 30% statt 50:50). Quoten sollten vor allem zeitlich befristet sein! Denn wenn die Quote gewirkt haben soll, wird sie ja überflüssig. Sie würde aber natürlich niemals abgeschafft werden, denn warum soll jemand einen Vorteil aufgeben. Die Abschaffung muß daher mit der Einführung beschlossen werden.
Und bitte laßt die alten Anti-Quoten-Kalauer im Schrank. Wer die hören will, möge sich Quotendebatten der Grünen oder der SPD aus den 90ern reinziehen. Ich muß diesen Scheiß nicht nochmal haben 😉
Besser wäre es aber, wir würden erstmal eine Gleichstellungsdebatte führen, mit Anträgen darüber was Sache ist und wie die Sache geregelt werden kann, bevor wir in Betracht ziehen, den großen Hammer Quote rauszuholen.
@Michael Hätten wir in der Partei das Problem, dass Frauen nicht gewählt werden würden oder aktiv unterdrückt, könnte man darüber reden. Aber genau das Problem haben wir nicht. Wir hatten noch nie damit Probleme weibliche Mitglieder zu wählen, sofern wir sie für qualifiziert hielten. Wir wollen aber weder Frauen dazu zwingen für irgendetwas anzutreten, noch irgendwelche geistigen Tiefflieger auf irgendeinen Posten wählen, nur weil sie Frauen sind. Selbiges gilt im übrigen für Kandidaten jeglichen (oder keines) Geschlechtes.
Quoten bedeuten in der Praxis nichts anderes, als die Freiheit eines jeden Menschens (egal welcherlei Geschlechts) frei und selbstbestimmt zu wählen, einzuschränken. Gleichzeitig werden auch potentielle Kandidaten zu der Wahl diskriminiert, da sie nun nicht mehr gleichberechtigt behandelt und gewählt werden können.
Wie oben der PRO-Autor schrieb: “Quoten haben nicht das Ziel, Schwachen zu helfen oder Menschen für Diskriminierung zu entschädigen. Sie haben das Ziel, dort Repräsentativität herzustellen, wo das freie Spiel der Kräfte das nicht tut.”
Die Umsetzung dieser Theorie in die Praxis bedeutet also: Die Wahl des Einzelnen (Parteimitglieds) soll sich einem Ideal unterordnen; Der Mensch ist weniger wichtig als die Gesellschaft und verliert seine individuellen Freiheiten zugunsten der genannten Ziele. (Gleichwohl wurden diese Ziele nicht durch die Gesellschaft bestimmt, sondern von einzelnen.) Gesellschaftlichen Freiheiten zu fördern indem man Freiheiten von Einzelnen einschränkt erscheint mir allerdings unlogisch und macht das ganze unglaubwürdig: Wie kann man ernsthaft für Freiheit eintreten, wenn man Freiheit einschränkt?
Das ein bessere Gesellschaftsform nicht durch Zwang erreicht werden kann, zeigte die Geschichte. Menschen müssen überzeugt werden und von sich und aus selbst heraus den richtigen Weg finden. Jeder einzelne für sich und dann daraus alle zusammen. Eine verordnete Doktrin hingegen fördert dieses ideale, von einzelnen Menschen auserkorene Ziel nicht, sondern konterkarieren es, indem es Widerstand provoziert.
Gesetze und Verordnen sollten niemals dazu dienen, die Gesellschaft zu Formen und zu zwingen. Stattdessen sind sie dazu da, die Gesellschaft mit ihren einzelnen Individuen zu schützen und ihr einen formellen Halt zu geben. Nicht Gesetze, nicht Algorithmen oder Programmcode formt die Gesellschaft, die Gesellschaft bestimmt diese. Und tut es fortwährend und passt sie dauernd an. Gesetz von heute sind nicht die von damals und nicht die der Zukunft.
Die Quote berücksichtigt vor allem nicht, ob die Verteilung von Vorlieben und Interessen der Verteilung der Geschlechter entspricht. Die Annahme, Frauen müssten sich genau so wie Männer für berufliches Vorankommen in hierarchisch organisierten Großunternehmen begeistern wie Männer, oder Frauen müssten/sollten sich dafür interessieren, professionell in das harte Geschäft “Parteipolitik” einzusteigen, ist die Prämisse, auf der alle Quoten aufsetzen, aber leider völlig unbelegt, bzw. nur vom Wunsch geboren, es solle doch bitte so sein.
Möglicherweise “profitieren” Männer von ihrer durchschnittlich höheren Risikobereitschaft, wenn es um Karriere geht. Dabei betrachtet man allerdings immer nur die erfolgreichen Männer und nicht die Massen, die beim Versuch, Karriere zu machen, kläglich gescheitert sind, alkoholkrank werden, ausbrennen etc. (“Apex Fallacy”). Es wäre also möglich, dass Männer im Schnitt weniger Lebensfreude und Erfolg haben als Frauen, weil sie massenhaft für die meisten aussichtslos Kämpfe kämpfen, und Frauen im Schnitt mehr Lebensfreude und Erfolg haben als Männer, weil sie aussichtslose Kämpfe vermeiden und sich realistischere Ziele setzen. Es wäre also möglich, dass Frauenquoten frauenfeindliche Wirkungen haben, indem sie Frauen die Übernahme “männlicher” Zielvorstellungen, Ideale und Werte aufzwingen wollen. Darum ist es wohl auch möglich und meiner Meinung nach höchstwahrscheinlich, dass Frauenquoten zum Scheitern verurteilt sind, weil diese nicht dazu führen werden, die weiblichen Vorstellungen, Werte, Ziele, Ideale und Wünsche zu ändern, die Grundlage der Entscheidungen von Frauen sind.
Von daher bin ich sehr unaufgeregt, was das Thema Quote angeht: Die Menschen, egal ob Männer oder Frauen, werden auch weiterhin auf ihre Herzen, also auf ihre unterbewussten, ursprünglichen Sehnsüchte und Wünsche hören, und machen was sie wollen. Aufrufe im öffentlichen Dienst in 35-Stunden-Woche beschäftigter Gender-Wissenschaftlerinnen, “als Frau” doch bitte MINT-Berufe zu studieren und dann in der freien Wirtschaft zum Zweck der Karriere 40 bis 70 Stunden in der Woche Selbstausbeutung zu betreiben werden auch weiter zu Recht ungehört verhallen.
Und es wird auch immer humanistische, liberale Parteien geben, die für das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit eintreten werden, auch wenn das zu Ungleichverteilungen zwischen Geschlechtern führt, anstatt Menschen aufgrund ihres Geschlechts in irgendwelche Lebenswege zwingen zu wollen.
Es ist also nicht Ok Frauen nicht zu wählen weil sie Frauen sind. Es ist aber Ok Männer nicht wählen zu dürfen weil sie Männer sind.
Wer dabei noch von Freiheit, Chancengleichheit oder Minderheiten Schutz spricht lügt einfach nur und hat in Wirklichkeit ganz andere Ziele.
Und wer Politik machen mit “in den BuVo gewählt werden und sich an dem Ruhm sonnen” gleich setzt ist sowieso im falschen Film.
Warum sind es eigentlich meist nur alte Männer oder Jungs, die meinen uns mit der Quote beglücken zu müssen? Da müssen die sich schon bessere Unterwerfungsspielchen ausdenken, um bei mir Chancen zu haben.
Mich würde mal interessieren wie der Pro-Autor auf die Idee kommt dass die Wählerschaft der Piratenpartei zur Hälfte aus Frauen bestehen würde. Laut Statistik des Bundeswahlleiters haben uns bei der Bundestagswahl 2,8 % der Männer gewählt, aber nur 1,6 % der Frauen.
Was die Realität sagt:
“Den höchsten Frauenanteil an der Gesamtzahl der Bewerber einer Partei weist die CSU mit 52,6 Prozent auf”, sagte Bundeswahlleiter Roderich Egeler am Mittwoch in Berlin. http://www.welt.de/politik/deutschland/article127038772/Bei-der-CSU-kandidieren-die-meisten-Frauen.html
Ganz ohne Quote.
Kann es sein, dass sich freiwillig mehr Frauen für CSU-Politik begeistern, als für Grüne oder Linke? MM überzeugt das Programm und die soziale Kompetenz der Mitgliedschaft vor Ort darüber, ob und wieviel ein Mensch in seiner Freizeit einer Partei opfert.
Wieso greift von den vielen Wahrheitssuchenden hier eigentlich niemand das sehr interessante und REALE Beispiel mit dem Orchester und dem Vorhang auf?
Nein, hier werden lieber feste die Augen zugehalten und Worthülsen produziert. So viel Angst, zuzugeben, dass Sexismus real existieren könnte? Dann bitte alle Angsthasen sofort den Mund halten und raus aus der Politik. Denn sie schaden unserer Gesellschaft.