Ein Pass mit biometrischen Informationen, Datenbanken über Fussballfans und Überwachungskameras. Seit die USA den so genannten “Krieg gegen den Terrorismus” ausgerufen haben, wollen viele Länder ganz vorne dabei sein, wenn es darum geht, Daten zu sammeln. Durch die Enthüllungen Edward Snowdens wurde erstmals klar, welche Ausmasse diese Überwachung bereits angenommen hat. Weltweit. Tagtäglich. Doch dem stehen viele gelassen gegenüber. Denn wer nichts zu verbergen hat – so die landläufige Meinung – habe auch nichts zu befürchten.
Gleichgültigkeit am Datenschutz gibt es auch in der Privatwirtschaft. So ist es Alltag, kostenlose Spiele auf dem Handy zu installieren und diesen im Gegenzug zu erlauben, regelmässig Informationen an Werbeanbieter zu übermitteln. Manche Spiele erhalten sogar die Berechtigung, auf Positionsangaben, persönliche Kontakte oder Kurznachrichten zuzugreifen. Es überrascht nicht, dass sich der amerikanische Geheimdienst NSA und das britische Pendant GCHQ für diese Daten interessieren.
Für den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB), Hanspeter Thür, ist der gläserne Mensch längst Realität geworden. Er lud deshalb letzten Dienstag anlässlich des Datenschutztages 2014 zu einem Podium, dessen zentrale Frage war: «Datenklau und Lauschangriff – ist unsere Privatsphäre noch zu retten?»
Zu den geladenen Gästen gehörte auch Alexis Roussel, Präsident der Piratenpartei Schweiz. Er diskutierte mit der Sozialdemokratin und Ständerätin Anita Fetz sowie Nationalrat Ruedi Noser von der FDP über die Herausforderungen der Informationsgesellschaft. Während Fetz vor Gleichgültigkeit warnte, betonte Noser, dass nicht alles Sammeln von Daten negativ sei. Es brauche insbesondere eine Klärung des Einsichtsrechts und des Rechts zum Löschen.
Für Pirat Roussel ist das zu wenig – er forderte ein Grundrecht an den eigenen Daten und eine Verankerung der digitalen Identität. «Snowden hat uns allen gezeigt, dass die aktuell geltenden Gesetze nicht ausreichen», so Roussel zur Flaschenpost. Es brauche eine radikale Veränderung. Persönliche Daten sollen dem Individuum gehören und ohne dessen Einverständnis nicht weiter verwendet werden dürfen. Auch nicht durch Geheimdienste.
Nosers Auffassung teilt die Piratenpartei Schweiz zumindest teilweise. Im September 2011 reichte sie in Zusammenarbeit mit SVP-Nationalrat Lukas Reimann die Motion Freiheit stärken. Recht an den eigenen Daten sichern ein, die das Einsichtsrecht in persönliche Daten stärken sollte. Die Vorlage kam im Parlament nie zur Abstimmung und wurde Ende letzten Jahres «abgeschrieben, weil seit mehr als zwei Jahren hängig». Der Bundesrat beantragte zuvor eine Ablehnung und schlug vor, stattdessen die Entwicklungen in der EU abzuwarten.
Doch was sagt der Eidgenössische Datenschützer zum ganzen? Am Datenschutztag veröffentlichte er einen Blogbeitrag, worin er die eingangs erwähnte Gleichgültigkeit kontert. «Jede und jeder von uns hat etwas zu verbergen! Von kleinen Ticks über Krankheiten oder Schulden zu familiären Problemen haben wir alle Themen, die wir nur im engsten Kreis oder gar mit niemandem besprechen», so Thür. Es sei ein kolossaler Irrtum zu glauben, dass man sich nur für Ihre Daten interessiert, wenn Sie etwas auf dem Kerbholz haben. Das Sammeln von Personendaten sei inzwischen ein lukratives Geschäft und betreffe alle.
About Denis Simonet
Als Pressesprecher der Piratenpartei Schweiz ist Denis auf dem Laufenden, was die Piraten gerade bewegt. Er schreibt über aktuelle Themen mit Fokus auf die helvetischen Nachbarn, beschäftigt sich aber als ehemaliges Vorstandsmitglied der Pirate Parties International auch mit internationalen Ereignissen.
Kommentare
4 Kommentare zu Wer nichts zu verbergen hat…
Es ist schwer zu begreifen, warum der grundlegende Fehler im Datenschutz nicht angegangen wird: Das Eigentumsrecht an personenbezüglichen Daten. Es liegt IMMER beim Datenschaffenden. Nick, Geburtstag, Adresse, Ortsdaten, BrowerID, IMEI, MAC-Adresse – alles perönliche Daten eines Individuums, geschaffen durch dessen Existenz oder verknüpft durch dessen Interaktion.
Wenn ich einem Freund meine Telefonnummer und Adresse gebe, dann selbstverständlich mit der Absicht, dass dieser Freund mich erreichen kann. Wenn der dann die Daten an irgendwelche Dritte weitergibt, ohne meine Erlaubnis erbeten zu haben fühle ich mich betrogen – er hatte von mir das Recht zur Weitergabe nicht bekommen, es ist immer noch MEINE Telefonnummer und MEINE Adresse!
Wenn Websites zum Zweck der Identifizerung meine Daten anfordern, dann bekommen sie die gegebenenfalls NUR zu diesem Zweck. So etwas nennt man treuhänderisch. Es bleiben MEINE Daten, es sind NICHT plötzlich die Daten im Eigentum des Unternehmens! Auch bei Abschluss eines Vertrages z.B. eines Online-Händlers oder -Dienstleisters herausgegebene Daten sind weiterhin MEINE Daten: Das Eigentum an allen persönlichen Kundendaten bleibt beim Kunden! Wenn ich nach Ende des Vertrags verlange die Daten zu löschen, dann hat das Unternehmen kein Recht das zu verweigern. (Soweit z.B. Steuer- oder Gesetzesvorschriften existieren sind die Teil des Vertrages und wirken sich entsprechend aus. Nach dem Ablauf der zutreffenden Fristen gilt hier entsprechendes.)
Wie bei einem Freund in dessen Adressbuch ich stehe, sind die Einschränkungen dessen, was der Empfänger der Daten damit darf durch uausgesprochene und nicht schriftlich niedergelegte Konventionen begrenzt, Juristen sprechend meines Wissens von “Treu und Glauben”. Bei seinen Mitmenschen kündigt man bei Verletzung dieser Konventionen die Freundschaft, bei Unternehmen kündigt man Verträge.
Was aber macht man bei Behörden und staatlichen Diensten? Revolution?
Hallo Leute, ich versteh die ganze Aufregung um den Datenschutz nicht! Als ich auf meinem ersten PC vor 20 Jahren den ersten Virus hatte war mir klar hier ist nix sicher, aber schon gar nix! Daß seit ka ca 20 Jahren in Bad Aibling eine Amy Abhörstation steht hat auch Jahrelang keinen interessiert! Daß Daten seitens vom Einwohner Meldeamt weitergegeben werden duldet auch jeder, GEZ, bzw ARD/ ZDF Zahlt auch jeder oder wo haben die eure Daten her? Und wenn ich ne reine Weste habe, Krüpel oder ohne Beine rumlaufe kann doch jeder wissen oder was habt ihr alle zu VERBERGEN? Evtl kommt man den Millionen in Luxenburg oder der Schweiz euch auf die schliche!? Als Lehrling war mir schon klar das ich überwacht werde und sei es nur wenn die Polizei auf streife war und ich in eine Alkoholkontrolle kam! das nen ich auch Überwachung, da wir immer mehr Menschen auf dem Planeten werden, seh ich es kommen daß es eines Tages zu Identifikations Implantaten kommen wird, da es nicht mehr anders möglich sein wird die Massen unter Kontrolle zu halten! Sprich eindeutige Indetifikation. Meine Meinung dazu! Und glaubt mir ich bin auch kein Van davon nur ändern werd ichs auch nicht können, genauso wenig wie sich der Staat anmaßt mir per Gesetzt Geld vom Konto abzubuchen, für was, was ich nicht möchte ARD/ZDF ! gz Schneider Th.
Lieber Th.,
erst einmal möchte ich bestätigen, ein Schweizer Bankkonto zu haben. Als Schweizer kein Wunder :). Aber Spass beiseite: Es geht beim Datenschutz eben genau nicht darum, ob man im konkreten Fall ein Bankkonto, sexuelle Vorlieben, finanzielle Probleme oder eine Krankheit zu verbergen hat. Es geht auch nicht darum, ob Du etwas zu verbergen hast. Der Punkt ist, dass wir alle unsere Geheimnisse haben und dass wir das Recht haben, diese für uns zu behalten. Freiheiten wie diese bilden die Grundpfeiler unserer freiheitlichen Demokratien und müssen entsprechend geschützt werden.
Konkret wird uns die Privatsphäre (unter anderem) durch Datenschutzgesetze garantiert. Diese stellen sicher, dass unser Wille respektiert wird, wer beispielsweise über die eigenen Erektionsstörungen oder Schulnoten bescheid wissen darf. Dabei haben wir natürlich auch das Recht, zu entscheiden, dass es alle wissen dürfen. Solltest Du all deine Krankheiten, familiären Probleme oder gar den nackten Körper mit der Welt teilen wollen, ist das dein Recht. Du hast aber nicht das Recht, für andere zu entscheiden, dass diese das genau so wollen.
Soviel zum Datenschutz an sich, nun will ich auf die konkreten Punkte eingehen. Ich hoffe, Du bist noch mit mir :).
Es ist richtig und auch in Ordnung, dass der Staat Kontrollen durchführt. Denn das Recht auf Privatsphäre ist nicht höher zu gewichten, als das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Durch einen Alkoholtest die Privatsphäre zu verletzen, um den Verdacht zu überprüfen, dass man durch Autofahren unter Alkoholeinfluss das Leben anderer Menschen gefährdet, ist absolut in Ordnung. Umgekehrt darf aber auf keinen Fall das Grundrecht auf Privatsphäre verletzt werden, indem beispielsweise auf Vorrat eine DNA-Probe von allen Menschen genommen wird, weil es sein könnte, dass man irgendwann mal jemanden umbringen und dabei Spuren hinterlassen könnte. Es ist alles eine Frage der Verhältnismässigkeit, die übrigens von der Bundesverfassung auch festgeschrieben ist.
Durch die modernen Technologien neigen wir dazu, immer mehr Informationen über uns selber preiszugeben. Doch genau in dieser Situation ist es umso wichtiger, dass eindeutig geregelt wird, was erlaubt ist und was nicht. Und es muss empfindliche Strafen dafür geben, wenn jemand diese Regeln z.B. aus Profitgier bricht.
Auch dem Staat müssen strenge Regeln auferlegt werden. Ein Streifenpolizist ist eine gute Idee, denn er trägt zur Sicherheit bei und kann im Notfall auch direkt eingreifen. Überall Kameras aufzustellen hingegen ist eine schlechte Idee. Sie erhöhen die Sicherheit nicht und können keine Taten verhindern. Genau so verhält es sich mit der Sammelwut der Staaten. Sie trägt kaum zur Sicherheit bei. Gleichzeitig kratzt sie aber kontinuierlich an den Grundpfeilern unserer Demokratien. Und irgendwann werden diese zusammenbrechen.
Dein Punkt mit den Viren ist übrigens richtig. Böses wird es immer geben und es wird immer wieder vorkommen, dass jemand eine Straftat begeht, indem er beispielsweise mit Malware Userdaten beschafft. Doch darf die Existenz von Bösem weder dazu führen, dass wir vor diesem resignieren, noch dass wir all unsere Werte aufgeben, um dieses vermeintlich zu bekämpfen. Es braucht schlicht und einfach die Kompetenz, mit dem Bösen umzugehen. Indem man beispielsweise gesunden Menschenverstand walten lässt, bevor man Geld überweist, um den Lottogewinn zu erhalten, wofür man nie einen Schein ausgefüllt hat. Und indem man nicht auf nacktefrau.exe doppelklickt. Natürlich sollen Straftaten auch verfolgt werden. Allerdings ist die Aufklärungsquote auch dann hoch, wenn darauf verzichtet wird, uns alle prophylaktisch zu bespitzeln.
Zum Schluss ein Zitat des alten Nietzsche: Staat heisst das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: »Ich, der Staat, bin das Volk.«
Wenn wir gemeinsam für unsere Freiheiten einstehen, können wir sehr wohl etwas ändern.
Politisches Wirtschaftsprodukt Mensch Daten über Menschen und ganze Gesellschaften, was eine Errungenschaft. Was lässt sich alles damit anfangen? Es ist davon auszugehen, dass diese Frage je nach Interessenslage gelöst werden kann und auch wird. Die Frage ist wie wird ein Staat, eine Regierung, die gesammelten Daten umsetzen. Dass die Datensammler natürlich einen Grund vorschieben, für ihr tuen ist klar. Es wird nur von Kriminalität und Terrorismus geredet, wenn es darum geht, sich über das Ausmaß der Datensammelei zu rechfertigen. Aber stecken nicht zumindest auch andere Gründe dahinter? Was liegt im Bereich des Möglichen. Das muss der Maßstab sein, wenn wir über Datenspeicherung und Datenschutz nachdenken. Hat es überhaupt schon einmal Datenschutz gegeben? Außer dass er auf einem Blatt Papier steht. Ich meine nicht! Die Vorratsdatenspeicherung lässt ahnen, was mit den Daten geschehen kann. Alle Ämter sollen darauf Zugriff haben. Also viele Personen. Abgleiche über das Profil einer Person ist dann möglich. Wird natürlich mit der Zeit durch die Weiterentwicklung, von Technik und Software immer weiter verfeinert werden. Diese Person lässt sich nicht nur vollkommen offenbaren, sie kann auch gelenkt und manipuliert werden. Nach welchen Interessen? Sind es nur wirtschaftliche oder politische Richtlinien oder beides? Die dann zur Grundlage für den weiteren Umgang mit der Person ausschlaggebend sind? Wir müssen uns die Frage stellen, wie gehen die Hitlers oder Honeckers, die es immer geben wird, mit diesen Techniken um. Was macht Kim Jong-un mit diesen Instrumenten. Er kann sein Volk vom Computer aus wie Roboter dirigieren. Politisch Abtrünnige (andersdenkende) können ausgefiltert werden. Das kann sogar soweit gehen, dass Bürger von vorneherein so manipuliert werden können, dass mit den entsprechenden Methoden, selbstständiges Denken ausradiert werden kann. Deutsche Politiker werden sagen, bei uns nicht, wir haben eine Demokratie! Haben wir wirklich eine Demokratie, in der jeder gleichberechtigt ist? Das schließe ich alleine schon dadurch aus, dass in Deutschland, Herkunft Ansehen, Aussehen und Geld regiert. Jeder weis das, dass mit einem Hartz 4 Empfänger anders umgegangen wird, wie mit einem Reichen. Gerade in einer Leistungsgesellschaft wird der gesellschaftliche Index nach Mustern festgelegt. Die Ungleichheit ist darin, nur mit Geld zu egalisieren. Menschenrechte werden am Stand von einem Bankkonto festgemacht, das ist kein Selbstverständnis, der Bürger wird am Wert gemessen und nicht am Dasein. Man muss sich nur mal die abfälligen Sprüche vor Augen halten, die schon oft die Runde gemacht und oft das aktuelle politische Klima bestimmt haben. Datenschutz heißt strenge Kontrolle und Offenlegung. Das bedeutet, dass es keine geheime Datenspeicherung geben darf. Keine Biometrische Spielereien in der Unterwäsche, keine Ortungschips im Personalausweis, Autos oder über sonst was. Keine unbegründete und anlasslose Überwachung. Wie wird es in 20 oder 50 Jahren aussehen?
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