Bevor Herr Snowden zum Whistleblower wurde, waren es Piraten, die sich den Kampf gegen die umfassende Überwachung des öffentlichen Raums und des Internets auf die Fahnen geschrieben hatten. Es war die geforderte Vorratsdatenspeicherung, die Bestandsdatenauskunft, die Telekommunikationsüberwachungsverordnung, der Zugriff von US-Stellen auf deutsche Fingerabdruck-, DNA-, und Fluggastdatenbanken und vieles mehr, was im Grundsatzprogramm und im Wahlprogramm scharf und kompromisslos abgelehnt wurde.
Heute wissen wir, dass es neben den offiziellen und in Gesetzen nachlesbaren Abhöreinrichtungen, eine uns verborgene Welt des Ausspähens gibt, die keine gesetzliche Legitimation besitzt. Wir erfuhren von Edward Snowden, dass jedes Bit, das durch das Internet fließt, “ausgeleitet” und nach verdächtigen Inhalten durchsucht wird. Doch ganz unabhängig vom Ergebnis dieser Prüfung werden die belauschten Inhalte für lange Zeit und teils für immer (!) gespeichert. Damit geht Prism weit über das hinaus, was Deutschlands Regierung im ersten Wurf mit der Vorratsdatenspeicherung festschreiben wollte.
Es überrascht nicht wirklich, dass unsere Regierung so tut, als sei alles eine Lappalie. Auch überrascht es nicht, dass SPD und Grüne sich echauffieren, selbst aber den Ausbau jeglicher Überwachung befürworteten. Die größte Realitätsverweigerung gelingt der Linken, wenn sie allen Ernstes gegen die NSA und Geheimdienste schimpft, ihre DDR mit der Stasi dem Wähler aber noch als große Errungenschaft präsentiert.
Die Piratenpartei ist die einzige Partei, die heute glaubhaft gegen Prism und all die anderen Programme protestieren kann – und es auch tut. Nicht, weil es noch keine Gelegenheit gab in einer Regierungskoalition eben doch mal zu einem entsprechenden Gesetz zu nicken, sondern weil Datenschutz der Grundpfeiler der Partei ist.
Umso mehr verwundern die Presseberichte, dass die Piraten nichts zum Thema sagen würden. Im Radio, im Fernsehen und den gedruckten Zeitungen ist vom Schweigen der Piraten die Rede. Fanden “vor Prism” Anleitungen zum verschlüsseln von E-Mails, dem anonymen surfens und telefonierens sowie zur Festplattenverschlüsslung noch Beachtung, bleiben unsere Initiativen gegen Prism leider ohne Presseecho. Dabei gibt es viel zu berichten.
Da wären zuerst die Forderung nach Asyl für Herrn Snowden zu nennen. Dann die Cryptoparties, die den interessierten Teilnehmern helfen die Verschlüsslung einzurichten. es gibt den gemeinsamen 6-Punkte-Plan aller europäischen Piratenparteien – auch als Flyer zum verteilen an Infoständen. Es gibt die Petition zur Einrichtung eines EU-Sonderausschusses zu Prism oder der Antrag der Piratenfraktion in NRW, mit der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss auf EU-Ebene. Da sind die kleineren Demonstrationen die bereist stattfanden und weitere, sicher grössere Demonstrationen, die derzeit geplant werden. Es gab die Trollaktion an vielen Flughäfen, an denen Piraten mit “Welcome Mr. Snowden” am Ausgangsgate warteten.
Prism wurde zum zentralen Wahlkampfthema für uns. Politisch haben wir, als Partei die nicht im Bundestag vertreten ist und finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, nur eingeschränkte Möglichkeiten an der Mitgestaltung. Gesetzesentwürfe bringt unsere Bundestagsfraktion nach dem Wahltermin in September ein.
About Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervor ging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites grosses Hobby, den Amateurfunk, investiert.
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Kommentare
6 Kommentare zu Piraten tun was gegen Prism
Hallo Herr Renner, Es würde mich freuen, wenn Sie diesen Satz belegen könnten! “Die größte Realitätsverweigerung gelingt der Linken, wenn sie allen Ernstes gegen die NSA und Geheimdienste schimpft, ihre DDR mit der Stasi dem Wähler aber noch als große Errungenschaft präsentiert.” Mit freundlichen Grüßen
Hallo Herr Hommel,
eigentlich wollte ich ja niemanden an dem Pranger stellen, aber vielleicht haben Sie Recht: Verbaler Unsinn sollte nicht nur erwähnt, sondern auch belegt werden. Da fällt mir zuerst Frau Jelpke mit ihrem “Grusswort” ein. Und Wolfram Adolphi, der auf die “ordentliche Bildungspolitk der DDR” nichts kommen lässt.
Leider sind das keine einzelnen Wirrköpfe, sie befinden sich offenbar genau auf Parteilinie. Auch wenn Lutz Heilmann der einzige Abgeordnete ist, dessen Stasimitarbeit fest steht wird es kein Zufall sein, dass er für die Linke im Bundestag sitzt.
So wundert es nicht, dass gelegentlich von der Linken-Fraktion gegen die Gauck-Behörde geschimpft wird, da, so wird behauptet, schon alleine ihre Existenx alle Ostdeutschen unter Generalverdacht stelle. Es wird gar von Pressekampagnen geschwafelt, die aus der BStU heraus gegen Die Linke gefahren würden. Deutlicher kann man sich gegen die Aufklärung der Stasiverbrechen wohl nicht positionieren.
Wess Geistes Kind diese Partei ist lässt sich auch daran erkennen, dass Nicole Fritsch (Die Linke, Bayern) 2011 dazu aufforderte die Vergangenheit der Piratenmitglieder auszuspionieren. Ganz so, als herrsche die SED noch Schulter an Schulter mit der Stasi das Land.
Zum Thema NSA wird von der Linken viel vernünftiges gesagt. Doch fürchte ich, dass das einzige was der Linkspartei an der amerikanischen Schlüffelpraxis wirklich stört die Tatsache ist, dass die Daten in Fort Meade, und nicht in der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS zusammen laufen.
Herr Renner, was Du da als Antwort geschrieben hast, ist nicht doll. Du schreibst: “Verbaler Unsinn sollte nicht nur erwähnt, sondern auch belegt werden.” Und schreibst anschließend keinen einzigen sachlichen Beleg, dafür noch mehr verbalen Unsinn, gespickt mit unsachlichen Formulierungen und Polemik. Unsere sogenannten “Volksparteien” nutzten in den vergangenen 2 Jahrzehnten immer wenn es sich anbot das “Stasithema” als flache Ablenkung für das “gemeine Volk”. Funktionierte auch ganz gut, im Hintergrund konnte man dann schön das eigene Süppchen kochen. Allerdings fällt ihnen diese Sensibilisierung auf Geheimdienstmachenschaften nun bei Prismn kräftig auf die Füße. Ich möchte nichts beschönigen, Stasiverbrechen müssen bestraft werden, sind auch bestraft worden. Wie vereinbart sich aber mit einem Rechtsstaat die pauschale Verurteilung aller dort ehemals Beschäftigten für die Verfehlungen mehrerer oder eines Systems? Die pauschale Verurteilung einer Menschengruppe nur wegen der ehemaligen Zugehörigkeit oder ehemaliger Kontakte (oft noch nicht mal freiwillig) zu/für den DDR-Geheimdienst? Ohne konkrete Prüfung, was der Einzelne denn dort gemacht hat, ob er sich überhaupt etwas zu Schulden hat kommen lassen und wenn ja was? Meinen Sie ein bei der Stasi angestellter Kraftfahrer oder Hausmeister oder eine Köchin hat bespitzelt. Die wussten doch sicher noch nicht mal Genaueres was da lief. Und den vielen, die für die Stasi Informationen gesammelt und bespitzelt haben, trichterte die SED-Propaganda pausenlos ein, das alles sei für eine gute Sache und den Frieden. Schauen Sie sich auch an, wie lange das inzwischen her ist. Diejenigen, die damals dort in den Chefetagen saßen und den Überblick und das Sagen und die Verantwortung hatten, sind längst gestorben oder dement. Und die Jüngeren werden doch wohl in den 23 Jahren begriffen haben, was sie da gemacht haben. Vielleicht sogar so begriffen, dass einige nun gegen solche Geheimdienstaktivitäten wie Prismn & Co. besonders aktiv werden – aus ihrem eigenen besonderen Wissen von früher heraus. Warum dann nicht auch als Abgeordneter? Ich kenne den von Ihnen erwähnten Abgeordneten der Linkspartei nicht, aber vielleicht fragen Sie ihn einfach mal, was er konkret bei der Stasi gemacht hat und wie er heute dazu steht. Das wäre doch viel wichtiger als seine Gruppenzugehörigkeit. Wir Piraten sollten bei der Stasi-Thema nicht mitmachen. Das Thema ist leider nicht aufgearbeitet worden, aber es ist durch. Seit 23 Jahre ist die Stasi tot. Weder die Linkspartei ist unser Gegner, noch Bürger der ehemaligen DDR. Das wäre nämlich genau das, was unsere “Volksparteien” wollen. Es gibt für uns viel wichtigere Themen. Prism z.B.
Moin Klaus,
die vier Mitglieder der Linken, die ich in meinem letzten Kommentar nannte, sind jeweils mit einem Link hinterlegt. Der führt zu weiteren Informationen, die ich hier nicht per copy’n paste übernehmen will. Diese Informationen sind meistens aus erster Hand. Also keine Verrisse auf SPON, sondern Pressemitteilungen der Franktion u.ä. Einfach mal druaf klicken und selbst nachlesen.
Ganz ehrlich: ein gewisses Mass an “Stockholm-Syndrom” gestehe ich jedem zu der in einer Diktatur leben muss. Anders ist es wahrscheinlich gar nicht zu ertragen. Aber du schreibst ja selbst: “es ist so lange her”. Da sollte man etwas Zeit zur Reflektion gehabt haben. Wer die DDR aber noch im Jahr 24 nach dem Mauerfall als grosse Errungenschaft betrachtet leidet unter etwas ganz anderem als dem Stockholm-Syndrom.
Für mich werden die Feinde meiner Feinde (ich möchte eher den Begriff “politsche Gegner” verwenden) nicht automatisch zu meinen Freunden. So ist das auch mit der Linken, wenn sie nun gegen die Stasi-Methoden der NSA wettern.
Jaja, die böse “Linke” … Ich, als Ossie kann es nicht mehr hören! Es sind mehr “Wessies” in der Partei als Ossies! Es ist traurig, das es den Heerschenden immer noch gelingt die Bevölkerung gegeneinander auszuspielen! In der CDU/CSU sitzen Kommunisten und Nazis an einem Tisch und niemanden interessiert es! “Teile und Herrsche!” funktioniert immer noch … über 2000 Jahre nach Julius Cäsar!
Wacht endlich auf! An der Spitze der CDU und der Bundesregierung steht eine Stasi-Informantin! Leider musste das Schweizmagazin den Artikel wohl löschen. Aber es gibt noch Verlinkungen. http://de.indymedia.org/2008/06/219126.shtml
Und über Gauck wollen wir lieber nicht reden! Der war NIE ein “Freiheitskämpfer”! Eher einer, der sehr gute Verbindungen zur Stasi hatte! Niemand konnte in den Westen reisen ohne linientreu zu sein! Schon gar kein Pastor!
NSA: Wer mal etwas interessantes zum Thema NSA wissen will, sollte sich den Film “Der Staatsfeind Nr. 1″(1998) mit Will Smith anschauen!
Aus heutiger Sicht ist der Film eher eine interessante Doku als ein Actionfilm!
Moin, entschuldige, aber dieses “Ossie-Wessi-Mimimi” berührt mich seltsam. Die DDR-Bürger in Magdeburg waren weder fauler noch dümmer als die im nahen Wolfsburg. Jeder der etwas aderes behauptet sollte zum Arzt gehen. Der Unterschied bestand in der Wirtschaftsform. Dort der Sozialismus, hier die Soziale Marktwirtschaft. Dass im Sozialsmus nichts voran ging hing eben mit dieser Wirtschaftsform zusammen. Denn Sozialismus steht für Misswirtschaft, für wenig (bis gar keine) Korrekturmöglichkeiten, fehlende Anreize und Freiheiten – und einiges Übles mehr.
Das war der Grund, warum die Einwohner Magdeburgs 44 Jahre nach Kriegsende in zerfallenden Bruchbuden wohnen mussten, während die Bürger von Wolfsburg Autos hatten, vielleicht ein eigenes Haus, auf jeden Fall im Urlaub in das Land ihrer Wahl fahren oder fliegen konnten.
1945 lang das ganze Land in Trümmern. An den Abgrund geführt von denen, die bebaupteten Deutschland ganz besonders dolle zu lieben – und das wurde dann draus. 1989 bot sich ein sehr unterschiedliches Bid. So unterschiedlich, dass die Bürger der DDR auf die Strasse gingen, weil sie den Sozialismus leid waren. Sie sahen was möglich ist, wenn die Rahmenbedingungen nur stimmen – und in der DDR stimmten sie eben nicht
Die Linke nennt sich “Partei des Demokratischen Sozialismus”. Dieser Selbsteinschätzung bringe ich grosses Misstrauen entgegen. Denn es ist absolut unerheblich, welcher Name hinter dem Wort Sozialismus steht. Ob Pol Pot, Lenin, Honecker oder jetzt in Frankreich Hollande: Ihre Regierungszeit ging nicht als glanzvolle Epoche in die Analen der Geschichte ein. Mit den heutigen Vorsitzenden der Linken wäre das nichts anders.
Dass hierzulande gerade vieles an sozialer Gerechtigkeit den Bach runter geht bedeutet nicht, dass die gescheiterten Rezeote der Vergangenheit nun plötzlich für die Zukunft stehen. Es bedeutet vielmehr, dass wir für ein Mehr an Gerechtigkeit kämpfen müssen. Ohne dabei radikalen Einflüsterungen zu erliegen.
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