Bereits im Jahr 2004 wurde festgestellt, dass die Bundeswehr neue Technik zur Aufklärung benötigt. Alte Flugzeuge sollten durch „Drohnen“ ersetzt werden. Gespräche mit der US–Rüstungsindustrie sollten beginnen. Verantwortlich war zu diesem Zeitpunkt Verteidigungsminister Peter Struck, SPD (Bundesregierung 2004). Auf Bundesebene regierten SPD und Grüne gemeinsam.
2007, unter einer CDU/SPD-Regierung und mit dem Verteidigungsminister Franz Josef Jung, wurde die erste Drohne in Auftrag gegeben (Bundesregierung 2007). Der Bundestag hat dem Projekt zugestimmt und 500 Millionen Euro für ein Testmodell bewilligt. Soweit schien alles in „Ordnung“ zu sein. Die SPD, CDU, CSU und die Grünen haben der Anschaffung zugestimmt. Nun kommt es nach neun Jahren zum freien Fall der „Aufklärungsdrohne Euro Hawk“ und den Aufprall kann selbst die „Reißleine“ nicht mehr verhindern. Als Begründung für den Ausstieg im Sturzflug wurden vom Ministerium die zusätzlichen Kosten von bis zu 600 Millionen Euro angegeben. Da bis zu diesem Zeitpunkt schon 500 Millionen Euro ausgegeben wurden, ist das nicht weniger als eine Verdoppelung der geplanten Kosten. Bei Projekten, die von der Politik geplant werden, sind solche Fehlkalkulationen leider zur Normalität geworden.
- Da gibt es Brücken, die im Nichts enden.
- Einen Flughafen, der nicht funktioniert.
- Einen Bahnhof, den keiner in der geplanten Art braucht.
- Einen Kulturtempel, der ein Mehrfaches kostet als geplant und dessen Bau Jahre länger dauert als geplant.
Da ist eine “Drohne” die nicht fliegen darf nur ein weiterer Teil von Steuerverschwendung ohne Konsequenzen und politische Beschaffungslogik.
Nun fällt der Sturzflug ins Wahljahr 2013 und die Opposition wittert einen Skandal. Schuldige werden gesucht, politische Verantwortung wird gefordert. Das wird nur etwas schwierig, wenn alle, die jetzt erbost sind, selbst an der Auslösung des Drohnendebakels beteiligt waren.
„De Maiziere muss erklären, warum er seit den schriftlich dokumentierten Bedenken von 2012 an dem Projekt festgehalten hat, offensichtlich wider besseres Wissen, und damit mögliche bestehende Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht hat.“ Das sagt der Grünen Fraktionschef in der Süddeutschen Zeitung, Jürgen Trittin. Herr Trittin hätte besser überlegen sollen, warum er der Beschaffung zugestimmt hat. Auch die Grünen saßen mit am Tisch, als 2004 die Anschaffung von Aufklärungsdrohnen beschlossen wurde. Heute können wir im Parteiprogramm der Grünen lesen: „Wer wichtige Zukunftsprojekte finanzieren und öffentliche Haushalte solide aufstellen will, muss Prioritäten setzen. Grüne Haushaltspolitik steht deshalb für eine gründliche Aufgabenprüfung, die unnötige Ausgaben vermeidet.“ Das hätten die Grünen 2004 durchsetzen können, wenn sie die Anschaffung der neuen Aufklärungstechnik in Form von Drohnen abgelehnt hätten.
Es zeigt sich einmal mehr, wie notwendig die Piratenpartei ist. Transparenz und Offenheit hätte dem Steuerzahler Millionen an Ausgaben erspart.
Auch die SPD meldet sich durch ihren Verteidigungspolitiker Hans Peter Bartels zu Wort: “Der zuständige Rüstungsstaatssekretär Stéphane Beemelmans hat die Projekte und die Vertragswerke offenkundig nicht im Griff”. Herr Bartels mag da richtig in seiner Einschätzung liegen. Übersehen hat er aber, dass jenes Vertragswerk unter einer Schwarz/Roten Regierung, CDU/SPD, erstellt wurde. Hat Herr Bartels vergessen seiner Kontrolle als Abgeordneter nachzukommen? (Mitglied des Bundestages seit 1998, ordentliches Mitglied im Verteidigungsausschuss; stellvertretender verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion)
Auch wenn noch niemand Genaues sagen kann, so gibt es doch erste Anzeichen, dass bereits 2009 die „Absturz–Probleme“ des Drohnenprojektes Euro Hawk bekannt waren. Sollte sich das bewahrheiten, dann sind solche Forderungen wie sie von SPD – Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann gestellt werden reiner Wahlkampf. Oder hat Herr Oppermann schon vergessen, dass die SPD auch 2009 auf der Regierungsbank gesessen hat? Die SPD ist damit genauso in der Verantwortung für die Anschaffung der Drohne und erst recht ist sie mitverantwortlich für die absurden Geheimhaltungsklauseln in den 2007 abgeschlossenen Verträgen. Sie ist dadurch auch verantwortlich, dass Parlament und Ausschüsse nicht ausreichend informiert wurden.
Die Schlussfolgerung aus diesem „Drohnendebakel“ kann nur eines sein: Finanzierte Projekte aus Steuergeldern haben offen und transparent unter parlamentarischer Kontrolle zu erfolgen. Bundestagsabgeordnete, die es zulassen, sich durch den Vermerk „Geheim“ die Kontrolle entziehen zu lassen und Steuergelder zu verschwenden, haben es nicht verdient 2013 wiedergewählt zu werden.
Auch wenn die Bundeskanzlerin Frau Merkel dem Verteidigungsminister ihr Vertrauen ausgesprochen hat, was sie immer tut, bevor ihre Minister zurücktreten, löst das nicht die Probleme. Volle Parlamentarische Kontrolle und Offenlegung von Verträgen, die mit Steuergeldern bezahlt werden ist die einzige und ehrliche Konsequenz. Wie in jeder Affäre so wird auch diese von einer “Aktenvernichtung” begleitet. Wie der Spiegel am Wochenende berichtete, soll es Anweisungen gegeben haben alle Daten zu schreddern.
Es zeigt sich einmal mehr, dass die Politik nicht mehr „Herr“ der Lage ist. Erneut wird das Vertrauen in die Politik erschüttert. Wie will der Verteidigungsminister seinen Soldaten jetzt noch glaubhaft erklären und vermitteln, dass die Bundeswehrreform von allen Härten abverlangt? Deutlich wird auch, dass der Haushalt des Verteidigungsministers zu groß ist, oder wie will man sonst erklären, dass immer noch hunderte Millionen von Euro verschwendet werden können, obwohl die Bundeswehr vor der großen Aufgabe steht, sich zu reformieren.
Herr Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière und sein Staatssekretär Stéphane Beemelmans lässt das aber alles unbeeindruckt. Wenn sie das eine nicht bekommen, wünschen sie sich einfach das nächste: Herr De Maizière will 16 Drohnen kaufen.
Die Politiker und das Militär haben bei der Realisierung der „Aufklärungsdrohne Euro Hawk“ schon versagt. Man mag sich die Folgen nicht vorstellen, wenn sie „Kampfdrohnen“ bekommen. Die Piraten aus Niedersachsen haben sich dazu eindeutig positioniert. “Den Einsatz von Drohnen bei der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Frontex) lehnen wir ebenso ab wie den Einsatz von bewaffneten Drohnen bei militärischen Einsätzen.”
Kommentare
Ein Kommentar zu Ein Minister und seine „Drohne“ außer Kontrolle
Remember Überlingen…
Mein Name ist Andreas R. Schmidt. Ich bin Jahrgang 1964, befasse mich seit 1990 mit militärischen und zivilen Flugsimulationen, schreibe in verschiedenen Foren zum Thema und gelegentlich für die Zeitschrift FS-Magazin. Der Grund, warum ich mich bei diesem Thema zu Wort melde sind zwei Dinge, die neben der finanziellen Frage zum Thema Euro-Hawk vollkommen in den Hintergrund getreten sind. Aus meiner Sicht vollkommen zu Unrecht, denn hier wird mal wieder das Debakel auf Geld reduziert. Das wird der ganzen Sache nicht gerecht. Es ist die Frage, warum der Euro-Hawk nicht für Flüge in einem Luftraum zusammen mit zivilen Flugzeugen zugelassen werden kann… und ob es ethisch und moralisch zugelassen werden sollte, solche “Roboterflugzeuge” fliegen zu lassen, denn ihr Einsatz stellt aus meiner Sicht einen Bruch des Völkerrechts und Staats-Terrorismus dar. 1. Punkt. Jeder, der für den Microsoft Flightsimulator X mal ein teureres Verkehrsflugzeug-Addon kauft, wird bei den ersten “virtuellen Testflügen” auf ein geheimnisvolles kleines Gerät im Instumentenpanel stoßen, das den Namen TCAS (Traffic Alert and Collision Avoidance System)hat. Es handelt sich um ein Gerät, das den Piloten vor der Annäherung eines anderen Flugzeuges warnt und ihm einen zwingenden Ausweichkurs empfiehlt. Die Geräte beider Flugzeuge “sprechen sich ab” und ein Flugzeug steigt und das andere geht in den Sinkflug. Das System hat schon viele brenzlige Situationen da oben verhindert. Aber, der Haken dabei ist, das der Pilot sich hier überwinden und dem kleinen Ding glauben muss und nicht der Stimme des Fluglotsen im Funk. Weil der Pilot der Tu 154 von Baschkirian Airlines beim Zusammenstoß nahe Überlingen mit einer DHL Boeing 757 am 1. Juli 2002 dem Fluglotsen und nicht dem TCAS vertraute sind so viele Menschen, darunter viele Kinder umgekommen.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/archive/2/22/20080227001813%21BashTuDHL757.png
(aus der Rekonstruktion des Unglücks) Quelle: Wikipedia.
Was hat das mit Drohnen zu tun? Drohnen haben kein TCAS! Sie sind weder in der Lage, selbsttätig und ohne Reaktion des “Drohnenpiloten” am Boden auszuweichen, noch senden sie dem anderen Flugzeug ein Signal, das dem Piloten dieses Flugzeuges ermöglicht auszuweichen. Wenn übrigens ein “Drohnenjockey” am Boden und tausende Kilometer entfernt ein TCAS-Signal bekommen würde, wäre die Vorwarnzeit viel zu kurz. Die Signalübertragung, die Schrecksekunde des Drohnen-Jockeys und seine Reaktion würden in der Regel viel zu lange dauern um eine Kollision zu verhindern. Zwei Flugzeuge, die mit je 800 km/h frontal aufeinander zu fliegen haben nur wenige Sekunden Zeit für eine Reaktion…
Ich verweise auf den Artikel 2, Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen.
Zitat: 4.All Members shall refrain in their international relations from the threat or use of force against the territorial integrity or political independence of any state, or in any other manner inconsistent with the Purposes of the United Nations.
Eben bin ich einem Fall von Internet-Zensur begegnet. In der deutschen Wikipedia wurde die Präambel der Un-Charta entfernt! Warum? Ich vermute, weil die amtierende Bundesregierung mit ihrer einseitigen auf Seiten der sogenannten “Rebellen” betriebenen Einmischung in die Belange von Syrien gegen diese Grundsätze verstößt.
Jeder Flug einer Drohne in den eines als “feindlich” deklarierten Landes ohne dessen Genehmigung ist eine Verletzung der Souveränität des Landes gem. Artikel 2, Absatz 4 der UN-Charta, deren Gültigkeit von unserem Oberdiplomaten, Herrn Dr. Westerwelle öffentlich angezweifelt wurde, und die seit dem Bürgerkrieg um Ex-Jugoslawien von den USA und anderen westlichen Ländern mit Füßen getreten wird. Selbst die im Bundestag vertretenen Parteien, einschließlich der Grünen mit Ausnahme der Linken haben damit offenbar kein Problem. Das Wort Souveränität eines Staates scheint nur noch für die USA und gewisse westliche Staaten einschließlich der Bundesrepublik zu gelten. In und über allen anderen Staaten, einschließlich Russland, China und vielen Staaten mit Problemen mit den USA und der NATO scheint die Frage der Souveränität nicht mehr zu gelten.
Es geht also eigentlich nicht nur um das Kleingeld, das die Drohne kostet. Es geht um fahrlässig auf´s Spiel gesetztes Leben von Passagieren und Piloten von zivilen Airlinern und Sportflugzeugen und es geht um die völkerrechtliche Frage der Souveränität von Staaten und die Frage ob es eine Souveränität erster und zweiter Klasse auf dieser Welt gibt…
Das … ist die eigentliche Schweinerei. Die Finanzfrage ist ärgerlich, aber eigentlich nur ein “Nebenkriegsschauplatz.”
Andreas R. Schmidt Potsdam und Riga
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