Rund 250 Piraten trafen sich im Stadttheater Ingolstadt. Der jüngste Teilnehmer war drei neun Wochen alt; der älteste Teilnehmer war nicht so genau feststellbar. Die Mitglieder der AG Maibaum und Tuba sorgten für den Einmarsch der Basis zur Technoversion des bayerischen Defiliermarschs. Bayrische Tradition ist, dass der Ministerpräsident einmarschiert, doch da wir Piraten noch keinen Ministerpräsidenten stellen und ohnehin die Basis die Macht hat, wurde die Aufstellungsordnung kurzerhand geändert.
Die Geschichte des Shitstorms begann in der Piratenpartei sehr spät. Bis 2010, weit unterhalb der Wahrnehmungsgrenze von Presse und Öffentlichkeit, wurden Meinungsverschiedenheiten einfach beigelegt oder schlimmstenfalls ausgesessen. Mit der medialen Präsenz entstand die Lust, Streit öffentlich so lange zu befeuern, bis man auch auch außerhalb der Piratenpartei aufmerksam wurde. Die Redner beim (piratigen) Politischen Aschermittwoch 2013 übten viel Kritik am politischen Gegner. Innerparteilich schien zumindest auf dieser Veranstaltung ein unausgesprochener Burgfrieden zu herrschen. Hier lest ihr die schönsten Sprüche.
@sekor sprach den Damen und Herren Seehofer, Ude, Söder, Aiwanger, Heubisch, Merk, Ramsauer, Friedrich, Brüderle, Rösler, Steinbrück, Trittin und Merkel sein volles Vertrauen aus. In Erwartung baldiger Rücktritte.
@Flusspiratin hielt eine Rede, die nach dem Geschmack von Loriot mit leeren Phrasen ohne Aussage gespickt war. Die anderen Parteien bekamen ihr Fett weg: “Und während wir Piraten im Stadttheater sind, halten die FDP und die ÖDP ihren Politischen Aschermittwoch wohl in einer Telefonzelle ab. Die SPD fordert das Bedingungslose Nebeneinkommen (BNE) während die CDU den Bedingungslosen Doktortitel (BDT) will.”
@AndiPopp “Seehofer poltert durch die Bundespolitik, dabei ist er nicht mal in der Bundesregierung. Die größte Leistung dieser Regierung ist es, die meisten Minister wegen plagiierter Doktorarbeiten durch Rückritt verloren zu haben. Wenn diese Regierung die Beste seit der Wiedervereinigung sein soll ist das weniger eine Lob für die jetzige, als vielmehr eine Beleidigung der vorherigen Regierungen.”
@twena “Heute sind wir alle Netzpolitiker. Bei der SPD ist unter den Blinden die dufte Doris die Prinzessin. Bei den Grünen dagegen weder mit Herz noch mit Verständnis für Nerds: chatten, klicken, mailen, bloggen, chatten, klicken, mailen, bloggen, chatten, klicken, mailen, bloggen. Das Kind fällt in Bayern in den Brunnen und muss in dem inversen Leuchtturm auch noch Studiengebühren zahlen.”
@kattascha “Dank an die Politiker, die für stetiges Wachstum bei den Piraten sorgen. In den alten Parteien ist jeder Netzexperte, der einen Drucker anschließen kann, beispielsweise die Internetsherrifs Schünemann und Uhl. Sie wollen Facebookpartys verbieten, zu denen sie eh nie eingeladen werden und folgen stattdessen gerne den Einladungen der Sicherheitsindustrie und der Adresshändler. Doch die Abwahl Schünemanns in Niedersachsen zeigt: Absolute Sicherheit vor dem Wähler gibt es nicht! Dramatisch ist jedoch die Bilanz des Überwachungsterrors. Wir sind tief in den roten Zahlen. Es ist Zeit, der Regierung den Dispo zu kündigen.”
@Pereos “Habsucht ist die Mutter aller Verbrechen. Peer Steinbrück, der Robin Hood der SPD, nimmt es den Reichen und behält es dann selbst. Doch wenn man über Habsucht und Gier spricht, landet man immer wieder bei der CSU.”
@dyfustic: “Frauen werden in der Politik nur beachtet, wenn sie zu wichtig sind, um sie zu ignorieren oder wenn sie aussehen wie Schönheitsköniginnen – Inhalte sind unwichtig. Die CSU stellt mit ihren Gesetzesentwürfen ständig Zeitreiseanträge: zurück in die 50er Jahre.”
@BuBernd: “In Bayern sollte man die Anzahl der Feiertage an die in Berlin oder Bremen angleichen, um in der Produktivität gleichzuziehen.”
@KollegeJansen: “Im Reich von Drogen und Drogenkonsum. Wenn auf der Hanfparade ein Grüner zur Wahl der Piraten aufruft ist alles gesagt.”
@Smutje007: “Warum entsteht im Kulturstaat Bayern nie etwas Neues? Es wird zwar viel von Leuchtturmprojekten gesprochen, aber wir Piraten, die nautische Metaphern lieben schmunzeln da nur, wissen wir doch, dass ein Leuchtturm ein unbewohntes Objekt ist, in dem nie ein Austausch stattfinden wird.”
@WilmTH: “Die SPD ist außerhalb Bayerns eine größere Partei und geht von alleine nicht mehr weg. Die FDP hat die Vision, eine Bürgerrechtspartei zu sein.”
[Update: die Videoaufnahme gibt es auf Youtube so sehen]
About Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervor ging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites grosses Hobby, den Amateurfunk, investiert.
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Kommentare
2 Kommentare zu Politischer Aschermittwoch
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Maibaum und Tuba find di Klasse, wie auch die gesamte bayrische Subkultur mit dem Gejodel und Gejuchze! Mein Lieblingslieder sind “I bin der Stolz von der Au” und ” I woass nett wia ma iss!” von 1928 mit klarem Bezug auf die heutige Situation. Die ist so:
in der FAZ vom 18.2.13, werden im Artikel “G20 sagt Steuerdrueckern den Kampf an” Gewinn und Steuerzahlungen ausgewaehlter US-firmen aufgelistet. 2010 in Mrd USD ausländische Gewinne (aus EU, Japan) /Steuerlast Coca Cola 7,0 / 1,2 Mickrosoft 15,4 / 1,7 Apfel 13 / 0,1 (super Steuerberater!!!) Pfizer 11.9 / 2.1 Cisco 8,3 / 0,4 Gookel 5,8 / 0,2
Aehnlich wie im Fleischhandel werden die Gewinnsummen zwischen verschiedenen Laendern und Zwischenfirmen herumgeschoben . Bevorzugt werden Holland , Irland und Bermuda. Die Koerperschaftssteuer wird in Irland abgegolten, der “nach Steuer-Gewinn” verschwindet im Bermudadreieck .
Der Artikel zitiert den Chef der OECD mit “die Firmen arbeiten nicht illegal sondern nutzen die zwischenstaatlichen Steuerabkommen aus.” Und “In 2 Jahren würden erste Schritte eingeleitet um die Steuervermeidung EINZUDAEMMEN.”
I woass jetzt wia ma iss: naemlich dass die Piraten endlich ein konkretes, nachvollziehbares Programm auf die Beine stellen muessen um in den Bundestag zu kommen um die neolibarale (=3x pfui!) Szene aufzumischen. Und ein nachvollziehbares Programm muss sich auf die Realitaet beziehen: im FAZ Artikel vom 18.2. “Uebertuenschte Konflikte in der G20″ wird geschrieben, :” es geht um den verzweifelten Versuch über eine expansive Geldpolitik die Konjunktur anzukurbeln.” Wir erkennen zwei grundlegende Faktoren der heutigen Gesellschaft: 1. Uebersaettigung eines Grossteils der traditionellen Maerkte 2. Konzerne und Reiche HORTEN das Geld, anstatt es vernuenftig zu verteilen. (Konzentration des monetaeren Reichtums). Daraus entsteht die Frage, wie eine zukuenftige Wirtschaft / Gesellschaft aussehen soll, nachdem auch der letzte Chinese und Urwaldbrasilianer einen Porsche Cayenne faehrt- ein Zustand der wohl bald erreicht ist. Hier ist meine Antwort die einer “Kulturgesellschaft”. D.h. das ueberschuessige Geld (jeder D-Lehrer hat das) wird nicht in durch Industrieprodukte verkoerperte Symbole investiert sondern direkt in nicht-materielle Produkte und Dienstleistungen des Kultursektors. Insofern ist “Kultur” ein Sektor, der die Gesellschaft ebenso herausreisst aus der neoliberalen Stagnation wie die energetische Unabhaengigkeit Deutschlands von Uran und Öl (“Energiewende”). Best und Rhum, Maurice
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