Gerade noch beschäftigen wir uns mit ACTA und gehen zusammen mit 100.000 anderen Bürgern in Deutschland dagegen auf die Straße, da entsteht unter unseren Augen eine noch größere Bedrohung für die Informationsfreiheit:
IPRED (Intellectual Property Rights Enforcement Directive), die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern
Die EU-Kommission hat bereits einen Zeitplan[1] zur Novellierung von IPRED veröffentlicht. Aber was genau verbirgt sich dahinter? IPRED ist genau die Erweiterung zu ACTA, die den verwendeten Begriff “geistiges Eigentum” enger fassen und die Kontrolle der Inhalte im Internet festlegen soll. Mit IPRED soll ein schärferes Vorgehen gegen Webseiten mit urheberrechtlich geschützten Inhalten ermöglicht werden. Wie das konkret geschehen soll wird noch nicht beschrieben, sondern auf eine Initiative für ein Notifizierungs- und Handlungssystem gegen illegalen Online-Content[2] verwiesen.
Dabei beinhaltet der Entwurf einige durchaus unterstützenswerte Ansätze. So sollen beispielsweise endlich europaweit klare Regelungen zur Herausgabe von Daten durch Provider geschaffen werden. In Deutschland sind diese bereits zivilrechtlich festgeschrieben. Außerdem sollen die Rechteinhaber für eine Genehmigung zur Datenabfrage das “gewerbliche Ausmaß” von Rechtsverletzungen nachweisen müssen, um sicherzustellen, dass statt gegen “individuelle Verbraucher” nur gegen “professionelle Fälscher” vorgegangen wird. Leider jedoch wurde auch hierbei wieder einmal versäumt die Grenze zwischen einem gewerblichen Ausmaß und einer privaten Nutzung zu definieren.
Wenn es nach Brüssel geht, sollen kleinen und mittleren Unternehmen, die Opfer von (Raub)kopien ihres geistigen Eigentums werden, zivilrechtliche Abhilfsmaßnahmen im Schnellverfahren zur Seite gestellt werden. Dazu sollen auch einstweilige Verfügungen, Schadensersatzzahlungen oder andere Ausgleichsmittel gehören, wie sie in der Form und Umsetzung bereits in den ACTA Papieren zu finden sind.
Die Kommision erwägt zudem noch weitere Möglichkeiten um Raubkopien im Internet gänzlich zu unterbinden und zu diesem Zweck die “Kooperation zwischen Zugangsanbietern (Internet Providern) und Rechteinhabern” zu verbessern. Dabei wird, wieder einmal, die “abgestufte Erwiderung”, wie sie auch vom Bundeswirtschaftsministerium postuliert wird, in den Raum gestellt. Mit anderen Worten: die europaweite Einführung von “Three strikes” wird gefordert. Das bedeutet, dass nach zwei Vergehen, die leicht bestraft werden (in der Regel mit Verwarnungen), beim dritten Mal eine drastische Strafe folgt. In diesem Fall handelt es sich um den Entzug des Grundrechts auf Internetzugang für eine bestimmte Zeit. Denn wie die für Medienfragen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten des Europarates in der Abschlusserklärung ihres Treffens vom 28. bis 29. Mai 2009 in Reykjavik feststellen: “Der Zugang zu [Internetdiensten] betrifft ebenso die Menschenrechte und Grundfreiheiten wie die Ausübung demokratischer Bürgerrechte”.
Das Fatale ist, dass dieser Entzug des Internetzugangs durch die oben ewähnte “Kooperation zwischen Zugangsanbietern und Rechteinhabern” erfolgen soll, also auf Zuruf durch die Rechteinhaber und ohne einen Gerichtsbeschluß. Das bedeutet im schlimmsten Fall eine Umkehr der Beweislast; möchte ein Betroffener seinen Internetzugang zurück haben, muss er dagegen klagen und seine Unschuld beweisen. Hier gilt nun nicht mehr das Prinzip der Unschuldsvermutung. Stattdessen wird erneut versucht jeden einzelnen Bürger unter einen Generalverdacht zu stellen und zu kriminalisieren.
Im deutschen Rechtssystem ist die Unschuldsvermutung nicht explizit niedergelegt. Sie ist jedoch nach einhelliger Auffassung eine zwingende Folge des Rechtsstaatsprinzips des Artikel 20 Grundgesetz[3]. In Artikel 6 Absatz 2[4] der Europäischen Menschenrechtskonvention heißt es “Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig” und eine ähnliche Formulierung ist in Artikel 11 Absatz 1[5] der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 zu finden).
Die Kommision will jetzt eine Folgenabschätzung durchführen um die Verhältnismäßigkeit der Ansätze zu prüfen. Im September soll dann ein offizieller Vorschlag der Richtlinie folgen.
Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um sich nicht nur gegen ACTA zu stellen, sondern um dem Europäschen Parlament und der Bundesregierung zu zeigen, dass kein Regelungswerk, das die Informations- und Meinungsfreiheit in Gefahr bringt, von den Bürgern akzeptiert werden wird.
Referenzen:
[1] http://ec.europa.eu/governance/impact/planned_ia/docs/2011_markt_006_review_enforcement_directive_ipr_en.pdf
Kommentare
19 Kommentare zu IPRED das ist ACTA²
Hallo Piratenpartei! Ihr müsst alles gegen ACTA oder IPRED machen, wir wollen unsere Freiheit
Nicht nur bei ACTA und IPRED sondern auch bei INDECT, IMSK, PERSEUS und und und. Zwischendurch wird immer mal wieder die “allgemeine” und altbekannte Vorratsdatenspeicherung auftauchen. Deshalb werden wir Piraten jede helfende Hand gebrauchen können – magst du nicht anheuern? Oder als Freibeuter unterstützen?
Zu Schade, dass ich noch nicht Wählen darf 🙂 Ich bin 14 und baue gerade eine Präsentation gegen ACTA IPRED und all diese anderen Freiheitsberauber :). Meine Stimme habt ihr auf jeden! Schön währe es, wenn ihr nochmals eine Protestaktion startet! Gerade jetzt, wo die Unterzeichnungen getätigt werden, Währen diese von durchschlagender Überzeugung (hoffe ich zumindest :))
Und diese Sache mit der EU, eine Trauertragödie für unsere Freiheit, ist doch im Grunde auch nur die “Zentralisierung der Macht”, halt auf 5 Hauptorgane zusammengefasst. Das endet in einem Massenaufstand, der in die Geschichte eingeht! Die EU hat kein “U” mehr, jedenfalls bezogen auf die Bürger zum Staat! Die Politiker (die diesen Quark verbrochen haben) Weden solange weiter machen, bis sie die EU vor die Wand fahren! Alleine die Finanzielle Seite! Ach ich könnte stundenlang so weiter machen! Gottseidank hab ich noch 4 Jahre, bisdahin kann sich ja noch alles ändern 🙂
Liebe Grüße vom Piratenkind
Gregor
Selbst mitmachen hilft!!!
Hallo Kevin, trete der Piratenpartei bei und mach selbst was.
..also ich weiß, wo ich beim nächsten Mal mein [x] mache.. ich hoffe es ist bis dahin nicht schon zu spät.
Das kann doch nicht sein das sobald eins abgelehnt wurde gleich das nächste kommt.
Wenn das so weiter geht werden die leute echt noch auf die barrikaden gehn.
Kommt dann wohl doch das ende 2012.
Die wahl muss endlich her.
Wie brauchen die Piraten in der regierung.
Der Entzug des Internets kommt für Webdesigner und Programmierer einem Beurfsverbot gleich. (Berufsverbot = Verfassungswiedrig)
Wenn der Internetanschluss gekappt wird würden auch Familienmitglieder welche sich nichts haben zu schulden kommen lassen mit bestraft. Das wäre also quasi Sippenhaftung (merke, die Sippenhaftung wurde 1945 von den allierten in Deutschland abgeschafft).
Von daher kann ich diesen Urheberrechtsextremistischen Bestrebungen durchaus eine deutlich erkennbar faschistoid/Athoritäre Tendenz entnehmen.
Die EU ist die größte Gefahr für unsere Demokratie und Freiheit. Ich hoffe sie wird bald zusammenbreche, ACTA, Vorratsdatenspeicherung, Nacktscannter,Swift, IPRED,Inedct usw. All das kommt von der EU, die EU will unsere Freiheit zerstören. Macht kaputt was euch kaputt macht, macht die EU endlich Kaputt !
http://www.ipred.de
Kann nur zustimmen dass die EU nichts taugt. Zentralisierung von Macht nannte man auch mal Zentralkomitee. Wir alle wissen wie die Story ausging. Sie nennt sich KGB und regiert jetzt Russland. Die EU ist das gleiche in Grün. Sie muss weg.
Ganz toller Post. Ich freue mich auf weitere Beiträge zu dem Thema.
Pingback: Jusos Schwerte gegen ACTA | Piratenpartei Schwerte
Das Schlimme ist, dass man wieder nichts davon hört. Ich bin durch Zufall, über ein Kommentar zu einem Artikel über ACTA, auf dieses neue Kürzel gestoßen. Liebe PP, bringt das bitte ins Gespräch wo ihr nur könnt.
Pingback: ACTA buried in EU, will IPRED stand-in? | MyCE.com
klar, dass die nicht so schnell aufgeben die haben zeit und geld in massen, die verwerter und ihre politischen freunde also Guy Faulkes-Masken auf und los gehts!
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Pingback: 2 Jahre Flaschenpost – 1000 Artikel | Flaschenpost
Pingback: IPRED 2 ist ACTA reloaded | ZaaaPblog
Warum wird das nicht mehr publik gemacht ? Ich bin per Zufall hier drauf gestoßen. Bis Dato haben ich noch nie etwas davon gehört.
Diese Machenschaften sollte man viel mehr ins Licht zerren. Ich finde es unverschämt, dass man nach Acta nun weiter und immer weiter versucht, bis man damit durch kommt, den die Bürger sind schnell gelangweilt und haben nur eine sehr begrenzte Alufassungsgabe. Das genau macht man sich hier zu nutzen. Am besten wieder im Viertelfinale mal eben schnell was durchdrücken. Politiker interessiert nicht der Bürger. auch wenn das Konzept der PP etwas zu wünschen übrig lässt, so reicht mir dies hier sie zu wählen. Die anderen bekommen in anderen Dingen ja auch nichts auf die Beine.
Wir zahlen doch alle GEZ gebühren, wie verhält sich das den dann mit einer möglichen Sperre dieser Quelle ? Das muss doch auch rechtswidrig sein.
Ebenso wenn ich beruflich darauf angewiesen bin.
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