
So kamen Presseberichte zustande, die von Burn-Out (aber die Bild-Zeitung schafft es diese Fehlleistung noch zu steigern) bis hin zum Untergang der Piratenpartei fabulierten. Oder kurz: ohne Marina Weisband im Bundesvorstand wäre das Ende der Piratenpartei besiegelt.
Doch ist dem wirklich so? Immerhin gibt es neben der politischen Richtungsfestlegung (“nicht links, nicht rechts, sondern vorne”) auch das zweite Credo: “Themen statt Köpfe”. Dass dieses praktiziert wird, sieht man an den Wahlplakaten der Piraten, die ohne Personen auskommen. Selbst wenn sie wie im Berliner Abgeordnetenhauswahlkampf Personen zeigten, fehlten die zugehörigen Namen. Es waren Piraten abgebildet, nicht nur Kandidaten. Gleichzeitig ist es eine Tradition, dass quer durch alle Gliederungsebenen kaum ein Vorstand geschlossen in eine zweite Amtszeit geht.
Dass das Ende der Piraten postuliert wird, liegt auch im Verweilen der Medien in den Denkstrukturen der Politik 1.0. Während in der Politik 1.0 Vorstände der Partei durch Machtworte oder angebliche Alternativlosigkeit die Richtung einer Partei vorgeben, haben die Vorstände innerhalb der Piratenpartei lediglich eine verwaltende Rolle ohne selbstständige politische Gestaltung inne. Dies schließt die Unterstützung einzelner Mitglieder oder Gruppierungen bei der Gestaltung und Durchführung von Aktionen natürlich nicht aus. Ebenso stellen Piratenvorstände keine abzunickenden Leitanträge, sondern treten als Moderator und Motivator in Erscheinung. Oh, und ganz nebenbei vertreten sie die Basis und deren Meinung gegenüber den Medien, staatlichen Stellen, NGOs und anderen Parteien.
Man darf bei all dem nicht vergessen, dass ausnahmslos alle Vorstandsmitglieder aller Gliederungsebenen ehrenamtlich tätig sind, dass heißt, sie knapsen die für das Amt benötigte Zeit von ihrer Freizeit neben Beruf oder Ausbildung ab. Im Gegensatz dazu sind die Vorstände anderer Parteien meist nicht mehr beruflich tätig und können durch die Vergütung ihres Mandates ihre gesamte Zeit der Parteiarbeit widmen. Dies hat zur Folge, dass sich die Vorstände bei den Piraten häufig nach einem oder zwei Jahren mit einer Gesamtarbeitzeit (Beruf und Parteiarbeit zusammen) von häufig weit über 80 Stunden wieder nach einer ruhigeren Phase sehnen und nicht erneut für ihr Amt kandidieren. Das hat nicht unbedingt etwas mit Burn-Out oder ähnlichem zu tun, sondern vielmehr mit während der Amtszeit vernachlässigten sozialen Kontakten, Hobbies, Partnern oder gar Berufen bzw. Ausbildungen.
Dass sich einzelne Mitglieder des aktuellen Bundesvorstandes nun danach sehnen, wieder zur gestaltenden und stimmberechtigten Basis zu gehören, sollte nachvollziehbar sein. Sie treten nicht zurück oder gar aus der Partei aus, sondern geben nur ihren Status des primus inter pares auf, was für viele Medien, die es gewohnt waren, Berichte von Pateitagen oder ähnlichen Ereignissen auf Wochen im Voraus zu schreiben und somit in festgelegeten Denkmustern zu erstarren, den Verlust bereits bekannter Köpfe und somit Arbeit bedeutet.
Auch wenn deshalb für einzelne Medienvertreter die Welt untergeht bzw. sie sich in neue Lebensläufe einlesen und sich an neue Kontaktpersonen gewöhnen müssen: es ist nichts passiert. Die Piratenpartei steht für einen neuen Politikstil, die Politik 2.0 sozusagen. Dieser ist nicht zuletzt durch die Meinungsbildung auf der Basis aller Mitglieder dynamischer und flexibler.
Kommentare
6 Kommentare zu Der (mediale) Untergang der Piratenpartei
Grundsätzlich sollte man jedoch überlegen, ob das Prinzip des ehrenamtlichen Vorstandes bei einer inzwischen doch stark gewachsenen Partei nicht überholt ist. Über früher oder später werden das hauptberufliche Vorstände sein, was ich auch durchaus nachvollziehen kann, da bei einer so starken Doppelbelastung a) der Arbeitgeber b) die Partei und c) die Familie zwangsläufig zu kurz kommt.
Ich sag nur “sex sells”. Leider hält dieses Motto in allen Bereichen einzug. Wenn man Schlagzeilen machenmöchte sind diese an Themen (im Idealfall), meist jedoch an Köpfe geknüpft. ich bin froh das die Piraten (bisher noch) ohne Gesichter, sondern mit Themen auf Ihren Plakaten u.ä. ähnlichem werben. Denn von den Anderen haben wir schon genug.
Viele Grüße und ich hofef es bleibt SO.
Die Medien wissen, dass von uns Piraten die Öffentlichkeitsarbeit sträflich vernachläßtigt wird und nutzen das für Ihre Zwecke aus.Schließlich sind die etablierten Parteien selbst an großen Verlagshäusern beteiligt. Dazu kommt, dass wir zwar Pressesprecher haben diese aber durch Stillschweigen glänzen. Es wird zeit dass die Bundesvorstände und die Pressesprecher auf dem nächsten BPT als hauptberufliche Organe gewählt werden. Hinzu kommt, dass professionelle Hilfe aus den eigenen Reihen nicht angenommen bzw ignoriert wird um die Pressearbeit zu verbessern.
Es darf sich gerne selbst seine gedanken machen was in der Öffentlichkeitsarbeit falsch läuft, aber so geht es nicht weiter. auch im hinblick auf die Wahlen im Saarland.
Für Rückfragen stehe ich euch gerne jederzeit über den KV Mittelhaardt zur Verfügung
Ob sich die Partei einen hauptamtlich Vorstand leisten kann, kann man sich ja ausrechnen. Eine Pressestelle wäre Teil eines solchen Vorstandes. Der bisherige Vorstand, macht mir, wenn er schon mal auftritt den- sorry – Eindruck von Laienspielern. Ab einer gewissen Mitgliederzahl geht das nicht mehr. Allerdings die hauptamtl. Parteiführung muß besser und progressiver sein, als die Altparteien. Dann brauchen wir uns um Wählerstimmen nicht zu sorgen. Wir müßen die Hände in die Wunden legen und eine Lösung anbieten.
Habe neulich einen Berliner Piraten angeboten bekommen, der in der ZDF – Runde mit z.Bsp. Kurt Beck sich derart uninformiert äußerte, dass es absolut gleichgültig ist, ob die Piraten einen hauptamtlichen Vorstand oder so etwas ähnliches haben. Was hätte schon ein hauptamtlicher Vorstand zu sagen, wenn doch Piraten einfach so daherreden und stolz darauf sind, nichts wirklich verstehen zu müssen. Heute, 1.4., im ARD-Gespräch der Vorsitzende aller Piraten: Seine Zufriedenheit mit der Piratenschwarmintelligenz, seine Beteuerung, die Piraten seien eine herrliche Truppe zum Aufmischen des öffentlichen Politgesprächs – na, ich glaube ihm das nicht. Er kam mir doch zu intelligent vor, als dass er solche Plattheiten wirklich vertreten kann. Auch bei den Piraten, so meine Erkenntnis, muss man sich halt verbiegen, um der Piratenideologie nicht zu nahe zu treten. Viel Glück!
Aufschlussreiche Ausfuehrungen! Ich werde mich damit mal genauer auseinander setzen! Bin gespannt auf die naechsten Eintraege!
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