“Nach dem Datenschutz” warf viele negative Kommentare auf. Leider wurde dabei nicht auf den tatsächlichen Inhalt des Artikels eingegangen. Vielmehr wurde pauschal gefordert, dass wir eine Stellungnahme dazu schreiben, denn der Artikel verstieße angeblich gegen das Programm der Piratenpartei. Zudem wurde uns vorgeworfen, dass wir als offizielles Parteimedium bürgerrechtsfeindliche Positionen verteidigen.
Um zu verstehen, warum die Flaschenpost schreibt, was sie schreibt, muss man ein Stück weit hinter die Kulissen sehen. Wir als Nachrichtenmagazin der Piratenpartei leben genau wie die gesamte Partei – und auch Demokratie selbst – von der Beteiligung vieler verschiedener Charaktere mit vielen verschiedenen Meinungen. Wer sich einbringen will, kann das gerne tun und Artikel bei uns einreichen oder auch als Stammredakteur regelmäßig mitarbeiten. Zudem schauen wir uns auch immer um und suchen nach kontroversen Meinungen, die innerhalb der Partei zur Diskussion stehen. Wir möchten auch diese veröffentlichen, und damit die Diskussion und die ergebnisoffene Auseinandersetzung mit solchen Themen fördern. In der Vergangenheit sind so einige schöne Beiträge zusammen gekommen, die das Innere der Piratenpartei widerspiegeln.
Als eine wichtige Funktion der Flaschenpost verstehen wir also gerade das Anregen von sachlichen Diskussionen über parteiintere Streitthemen. Die (Un-)Zeitgemäßheit des Datenschutzes ist ein solches Thema. Es gibt schon seit längerer Zeit einen schwelenden Konflikt, der nicht offen ausbricht, aber auch nicht ergebnisorientiert diskutiert wird. Auf der einen Seite steht die datenschutzkritische Spackeria, die mit Gedanken zum Thema PostPrivacy spielt. Auf der anderen Seite gründeten sich die Aluhüte, die eine konträre Position vertreten. Beide Gruppen sind sich einig, dass unser Datenschutzgesetz überarbeitet – an unsere Zeit angepasst – werden muss.
Wenn solche Themen niemals ausdiskutiert werden, wie sollen dann beide Gruppen, die beide ihrerseits Teile der Piratenpartei vertreten, zueinander finden? Darum veröffentlicht die Flaschenpost auch und gerade kontroverse Artikel. In der Hoffnung, dass nicht der Überbringer der Botschaft erschlagen wird, sondern ein Austausch über die Botschaft stattfindet.
Als Chefredakteure finden wir es traurig, dass sich nicht tiefgreifender mit dem Thema auseinander gesetzt wird. Stattdessen werden polemisierende Aussagen in die Runde geworfen, Personen beleidigt und Stellungnahmen gefordert. Dabei sind nicht wir es, die Stellung nehmen sollten. Sondern alle Mitglieder und Interessierten, die sich mit dem Thema Datenschutz befassen. Diskutiert nicht über den Überbringer. Diskutiert über die Nachricht, die Aussage, und die Zukunft des Datenschutzes!
Die Langfassung unserer Stellungnahme habt ihr eben gelesen. Wir möchten Meinungsvielfalt, statt Meinungseinfalt. Wir wollen breite Diskussionen. Die Kurzfassung ist: Wir sind Piraten.
Gefion Thürmer und Thomas Herzog
Kommentare
12 Kommentare zu Warum die Flaschenpost schreibt, was sie schreibt
Danke euch, kann ich nur so unterschreiben. 🙂
+1 und bitte durch irgendwelche Idioten, die bei dem Wort »Meinungsfreiheit« glauben, es stamme vom Possessivpronomen »mein«, nicht beirren lassen.
Pingback: Twitterbeiträge diese Woche 2011-08-07 » BB – Boomels Blog
Vollste Zustimmung! Ich finde es ehrlich gesagt unsäglich, wie manche (Piraten oder nicht) auf die Barrikaden gehen, wenn man eine andere Meinung als sie vertritt. Julias Meinung kann man teilen, muss man aber nicht – aber als Bürger einer Demokratie und erst recht als Pirat sollte man verdammt nochmal in der Lage sein, sie zu akzeptieren und sich mit ihr zu beschäftigen, statt zu Beleidigungen, Drohungen und ähnlichem unreifen Kindergarten-Verhalten zu greifen! Wer so agiert, hat nichts verstanden und aus meiner Sicht auch nichts in einer Partei wie der Piratenpartei, die sich nicht zuletzt für Meinungsfreiheit und Menschenwürde einsetzt, verloren.
Was man unter dem Artikel von Julia und bei Twitter massenhaft lesen muss, macht mich (nicht nur als Pirat) wirklich traurig – völlig unabhängig davon, ob ich ihrer Meinung bin oder nicht.
Vielleicht müssen wir aber einfach nur lernen, halbwegs anonyme Kommentare von wohlmöglich pickligen Sch***kindern nicht so ernst zu nehmen, die im Leben ohne Tastatur kaum die Klappe auf bekommen, wenn sie Mayo zu ihren Pommes möchten…
Jeden Morgen steht ein neuer Idiot auf.
Recht habt Ihr. Ich verstehe diesen ganzen Shitstorm als Missverständnis dieser wütenden Ex-Wähler, namentlich Trolle.
Julia Schramm schrieb nicht gegen den Datenschutz, sondern über seine kontinuierliche Auflösung. Ihre Schlußfolgerung war auch nicht bürgerrechtsfeindlich, sondern im Gegenteil, ein Aufruf zum allgemeinen menschlichen Existenzrecht, dem ursprünglichen Gesellschaftsgrund.
Ich erkenne in ihrem Artikel keine Naivität, sondern eine besondere Neigung zur Aktualität. So wie die virtuelle Welt, als Spiegel unserer Gesellschaft, in ihrer Ausgestaltung in ihrer Öffnung, wie auch ihrer Schließung, individuell frei und vielfältig bleiben bzw. werden muss, so muss es auch (EIGENTLICH VOR ALLEM) der Ursprung dieses Spiegels, die Realgesellschaft individuell freier und vielfältiger Menschen!
Wie in aller Welt könnte dieser Hinweis verwerflich sein?
Hmm. Stimmt schon, dass man der Meinungsvielfalt Raum geben soll. Allerdings – wenn die Flaschpost als Medium ernst genommen werden will – soll man zumindest extreme Standpunkt nicht unreflektiert veröffentlichen. Guter journalistischer Brauch ist es, zu recherchieren und ggfls. eine Gegenmeinung oder Stellungnahme mitzunehmen. Die Provokation ist Mittel der Propaganda oder der PR. Das sollte die Flaschenpost nicht nötig haben. Man kann die FP auch parteiseitig ignorieren, wenn es den Machern lieber ist.
Mein 1. Kommentar wurde abgelehnt. Vielen Dank.
Wer zum ersten mal kommentiert (neue mailadresse und name) muss erst einmal freigeschaltet werden. Du hast keine 5 Minuten gewartet bis sich ein Redakteur drum gekümmert hat.
Ja, dann sorry. Es kam die Antwort, dass der Kommentar abgelehnt wird. Möglicherweise hat das System überreagiert, KI?
Hallo liebe Piraten,
ich weiß nicht, ob ich hier an der richtigen Adresse bin, aber mir liegt schon seit längerem eine Frage auf dem Herzen:
Ich bin nicht Mitglied bei euch oder einer anderen Partei, aber schwanke zumindest bei meiner Wahlentscheidung bei der nächsten Wahl zwischen euch und einer anderen Partei.
Jetzt verfolge ich diese Diskussionen über das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und post privacy schon länger und frage mich wirklich, ob es sich hier, wie es im Artikel den Anschein macht, um zwei gleichwertige Positionen bzw. Fraktionen innerhalb eurer Partei handelt. Positionen, die, meiner bescheidenen Meinung nach, sich diametral entgegenstehen und sich eigentlich nicht miteinander vereinbaren lassen…
Desweiteren bin ich als Wähler etwas irritiert über die Einstellung, dass ein Parteimedium wie die Flaschenpost Beiträge redaktionell zulässt, die zumindest dem aktuellen Parteiprogramm ebenfalls klar entgegengesetzt zu sein scheinen und das dann mit Meinungsfreiheit und innerparteilicher, lebhafter Diskussionskultur rechtfertigt? Ich frage mich – und ich meine das ohne Polemik – ob die Grünen Beiträge über den Sinn und Nutzen von Atomkraft in ihren Publikationen zulassen würden, ob die FDP Befürwortern des Kommunismus redaktionellen Raum einräumen würde oder ob die Linke markradikalen Apologeten Platz in Parteipublikationen bieten würde?
Eine Partei lässt sich doch etymologisch auf das lateinische pars, also einen Teil, zurückführen: Eine politische Partei bildet also de facto nur einen Teil des gesamtgesellschaftlichen Diskurses programmatisch ab und das ist doch genau der Grund für mich als Wähler, um einer Partei meine Stimme zu geben, oder eben nicht.
In diesem Sinne hätte ich gerne – als ein euch potenzieller Wähler – Klarheit über das, was ich von der Piratenpartei erwarten darf, wenn ich sie das nächste Mal wählen würde: Post Privacy oder das Eintreten für einen modernen Datenschutz auf Grundlage des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Ernsthafte Frage: Woran bin ich in diesem Fall eigentlich bei euch?
Ein letztes: Ich möchte hier nicht noch zusätzlich den Zankapfel der Eris (trotz meines Nicks ;-)) in den Ring werfen, aber ich denke ich darf, bei aller Bescheidenheit, als Wähler zumindest eine klare programmatische Aussage in dieser Sachfrage zur nächsten Wahl erwarten.
MfG, H.Celine
Hallo Celine. In unserem Programm steht
Dieses Programm ist verabschiedet und es steht nicht in Aussicht das es sich ins Gegenteil verkehren wird. Die Frage, wie eine sinnvolle Reform des Datenschutzes aussehen kann, wird im Moment in der Piratenpartei diskutiert – in diesem Kontext steht auch dieser Artikel. Er dient, wie gesagt, der Diskussion, und nicht der Darstellung unseres Programmes. Daher kannst Du selbstverständlich von der Piratenpartei erwarten, dass sie weiterhin für Datenschutz eintritt, wie es in unserem Programm verankert ist. Dies wird sicherlich auch in dem entsprechenden Wahlprogramm (ich weiß leider nicht, wo Du wohnst, und ob es dort bereits ein entsprechendes Landeswahlprogramm gibt) spezifiziert werden. Einen Überblick der bisherigen Wahlprogramme findest Du hier. Beste Grüße, Gefion
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