Warum gingen die Mitarbeiter von Harles und Jentzsch nicht zur Polizei, als die Firmenleitung sie aufforderte, Industriefett ins Schweinefutter zu panschen? Warum lassen sich Angestellte dazu zwingen, abgelaufenes Fleisch neu zu etikettieren? Warum packen Supermarktmitarbeiter Eier aus Legebatterien schweigend in das Bio-Regal? Auf diese und andere Fragen gibt es eine einfache Antwort: weil es keinen Informantenschutz gibt. Wer kriminelles Geschäftsgebahren bei der Polizei anzeigt, kann das nicht anonym tun. Deshalb schweigen viele und hoffen, dass niemand krank wird oder gar stirbt bzw. die ganze Sache nicht rauskommt, denn dann sitzt man selbst mit auf der Anklagebank. Die E-Petition zum Whistleblowerschutz nimmt sich dieser Problematik an. Wenn Informantenschutz beispielsweise im Verbraucherinformationsschutzgesetz verankert wäre, hätten wir wohl keine giftigen Frühstückseier essen müssen. Wir lebten nicht nur gesünder, im aktuellen Fall wäre auch großer Schaden von den Landwirten gewendet. Wenn diese Petition den Gesetzgeber zwingt sich mit der Problematik zu beschäftigen, ist schon Einiges gewonnen. Wenn sich am Informantenschutz dann trotzdem nichts ändert, gehören zukünftig nicht Angestellte, Abteilungsleiter oder Firmen auf die Anklagebank, sondern Kanzler(in) und die Minister!
About Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervor ging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites grosses Hobby, den Amateurfunk, investiert.
- Web |
- More Posts (485)
Kommentare
2 Kommentare zu E-Petition Whistleblowerschutz
Whistleblowerschutz: Informantenschutz oder Aufruf zur Denunziation? Whistleblower sind Geheimnisverräter. Das sind die, die auf der einen Seite, wie im Fall von Wikileaks die Öffentlichkeit darüber informiert, was in den gedämmten Salons der Botschaften passiert. Aber es sind auch die, die zur Polizei rennen, weil der Nachbar unerlaubter Weise seinen Kirschbaum vom letzten Jahr verfeuert hat, und damit gegen die Brennholzverordnung verstoßen hat. Es sind diejenigen, die mutig zur Polizei gehen und anzeigen, daß ihr Arbeitgeber verdorbenes Fleisch verarbeitet, genauso wie die, die feige und oft rachsüchtig, ihren Arbeitgeber verpfeiffen, weil dieser Steuern schiebt, oder vermeintlich gegen das AGG verstößt. Whistleblowerschutz ist entsprechend der Schutz von beiden Arten von Denunzianten. Die ‘Guten’ die die kriminellen Machenschaften von skrupellosen Unternehmen aufdecken wollen, genauso wie den Blockwart von nebenan. Hier gilt es sehr differenziert abzuwägen. Whistleblower an sich sind erst einmal ‘Petzen’ und das als neue Tugend darzustellen ist bedenklich. Man stelle sich nur einmal vor, wie das dann im normalen Leben vor sich geht. Der Junge in der Schule erzählt seiner Lehrerin, daß seine Banknachbarin in einen aus der Parallelklasse verliebt ist, und ihm deswegen die Fragen von der letzten Klausur gegeben hat, und er wird dafür gelobt? Heute undenkbar, aber bleibt das so? Könnte es nicht sein, daß Verschwiegenheit an Ansehen verliert? Die Angestellten des Futterfabrikanten hätten, wenn sie es denn gewollt hätten, auch heute schon die Möglichkeit der anonymen Anzeige gehabt, und haben sie nicht genutzt. Eine ‘Lex-Assange’ halte ich für übertrieben. Die Aufregung um Wikileaks wird sich wieder legen, und Julian Assange schützen ist kein Ziel an sich.
Es wäre durchaus sinnvoll im Falle von Betrug und Untreue und schwereren Straftaten, die Spielräume der Staatsanwaltschaft zu erweitern. Das hier eine Annonyme Anzeige möglich ist, wäre mir neu!
Es können keine neuen Kommentare mehr abgegeben werden.